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COMIC MARKET 66 – ein Gutachten

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Autor: Fan-Yi Lam
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 39, Seite 48, Oktober 2004

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Comic Market 66: Big Site Tokio ist das Mekka der Otakus, und die COMIKET (Abk.) ihre id ul-adha. Dass westliche selbsternannte Otakus das für sich auch so sehen, war schon immer mysteriös, ist die COMIKET doch etwas, das nicht nur in ihren Dimensionen gar kein westliches Äquivalent kennt: nämlich die weltgrößte Doujinshi-Messe.

Vielleicht ist das der Grund, dass man auf westlichen Webseiten meist nur Infos zu den Cosplayern vorfindet, die Doujinshi-Zirkel dagegen aber kaum Beachtung finden. Wie auch immer, so bekannt die Comiket unter westlichen Fans auch ist, scheint sie doch von diesen kaum frequentiert. Während im heißen, schwülen Sommer die Straßen von Akihabara oder Shibuya voll sind von weißen Gesichtern mit schweren Tüten in den Händen, sind sie auf dieser doch angeblich so bedeutsamen Veranstaltung eine wahre Rarität. Das mag an der Touristenfeindlichkeit der COMIKET liegen (der einzige englische Text im Katalog ist die Hausordnung!), vielleicht aber auch an den Myriaden schwarzhaariger Besucher, die bei manchem schnell eine Identitätskrise auslösen könnten. Zumindest verlocken sie einen zu solch seltsamen Gedankengängen, während man in einem von vielen anderen 20x40m Menschen-Blocks zusammengepfercht auf den Einlass wartet, weil man natürlich nicht den Anweisungen des Katalogs („Erstmalige Besucher sollten erst zur Mittagszeit kommen.“) gefolgt ist.

Comic Market 66: Cosplayer Da man bereits auf diversen Doujinshi-Verkaufsmessen war, die mit teilweise 10.000 Zirkeln auch fast schon COMIKET-Ausmaße annahmen, war man natürlich vorbereitet: Lange vor der Veranstaltung war bereits der Katalog gekauft, Lagepläne memoriert, die Stände der Lieblingszirkel verinnerlicht und ein Strategie-Plan ausgearbeitet. Natürlich alles vergebens. Die wahren Veteranen campieren schon lange vor Tagesanbruch vor dem Gelände, und das aus gutem Grund: Als man knapp 30 Minuten nach dem öffentlichen Einlassbeginn in die gewünschte Halle eintrat, war der erste Zirkel der Liste (natürlich der Lieblings-Zirkel) bereits ausverkauft, und den zweiten Ziel-Zirkel zierte eine vierfach gefaltete Schlange, die sich über das ganze Außengelände zog. Zirkelmitglieder mit Lautsprechern und Schildern („Hier ist nicht das Ende der Schlange!“) liefen herum, dazu die erfahrenen Doujinshi-Otakus, die mit ausgefeilten Gruppenstrategien (aka Rudel-Taktik) Raubkatzen gleich zwischen den ganzen Besuchern huschten. Nach zwei Stunden Kampf hat man die von vorneherein sehr eingeschränkte Wunschliste abgearbeitet: Bei sieben der zehn erhofften Zirkel war man erfolgreich. Ein nicht schlechtes Ergebnis. Gut genug um sich einen Hotdog für 300 Yen zu gönnen.

Comic Market 66: Doujinshi-Zirkel Danach konnte man es dann etwas geruhsamer, wenn auch immer noch mit angespannten Sinnen, angehen lassen. Schließlich war es der Bishoujo-Tag, also der, auf den alle männlichen Otakus Japans (und nicht nur die) sehnlichst gewartet haben. Die anderen Tage hatten Bishounen und Diverse als Themen, waren daher für einen selbst etwas ruhiger und man konnte sich auch auf Dinge außerhalb der Zirkel-Hallen konzentrieren. So war am Bishounen-Tag der Händlerraum die Halle der Wahl: eine Halle voll mit Bishoujo-Game-Herstellern, die ihre neusten Produkte präsentierten. Eine Wohltat, nachdem man in den anderen Hallen von unzähligen gut aussehenden, sich gegenseitig die Kleider vom Leib reißenden 2D-Boys begrüßt worden war. Und wenn man dann genug von den ganzen schwitzenden, leider realen Männerleibern im hoffnungslos überfüllten Händlerraum hatte (oder das Geld ausgegangen war), konnte man auf die Cosplay-Terasse ausweichen, wo trotz noch größerer Enge die gnadenlose Sonne und der starke Wind einen erst gar nicht zum Schwitzen kommen ließ. Natürlich wird die COMIKET ihrem Ruf des besten Cosplays gerecht, doch das Beeindruckendste war zweifellos die Menge an Sonnenbränden, vor allem bei den zahlreichen Fotografen, die teilweise ein halbes Profi-Fotostudio um den Hals hängen hatten. Hier war der Ausländeranteil dann auch überdurchschnittlich hoch.

Der Mixed-Day war der Tag der Entdeckungen. Man konnte durch die Hallen laufen und schmökern und schauen, so viel man wollte. Und immer wieder fand man Neues und Interessantes, seien es Regierungs-feindliche Doujinshis, Beat’em-Up-Games mit bekannten Animefiguren, oder Kalender, in denen großbrüstige Schönheiten in Nazi-Uniformen posierten. Und schließlich das Kurioseste: Eine Ausstellung über Manga-Fans aus aller Welt, wo einem plötzlich bekannte Gesichter aus der Heimat entgegenlachten: Der Schwerpunkt war diesmal Deutschland.

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Comic Market 66

   
Ort: Tokio, Big Sight (Japan)
Zeit: 13.-15. August 2004
Zirkel (Bewerbungen): 35.000 (52.000)
Anzahl Besucher:  
1. Tag ~ Bishounen: 160.000 (6.097 Cosplayer)
2. Tag ~ Mixed: 170.000 (6.120 Cosplayer)
3. Tag ~ Bishoujo: 180.000 (2.786 Cosplayer)
Katalog-Preis (Vorverkauf):  
Buch: ¥2.200
CD-ROM: ¥1.700
Homepage: www.comiket.co.jp (jpn.)
Der Comic Market 67 findet vom 29. bis 30. Dezember 2004 statt.

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