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Autor: |
Fan-Yi Lam |
Artikel erschienen in: |
FUNime Nr. 39, Seite 48, Oktober 2004 |
Tokio ist das Mekka der Otakus, und die COMIKET (Abk.) ihre id ul-adha.
Dass westliche selbsternannte Otakus das für sich auch so sehen,
war schon immer mysteriös, ist die COMIKET doch etwas, das nicht
nur in ihren Dimensionen gar kein westliches Äquivalent kennt:
nämlich die weltgrößte Doujinshi-Messe.
Vielleicht ist das der Grund, dass man auf westlichen Webseiten meist
nur Infos zu den Cosplayern vorfindet, die Doujinshi-Zirkel dagegen
aber kaum Beachtung finden. Wie auch immer, so bekannt die Comiket
unter westlichen Fans auch ist, scheint sie doch von diesen kaum
frequentiert. Während im heißen, schwülen Sommer die Straßen von
Akihabara oder Shibuya voll sind von weißen Gesichtern mit schweren
Tüten in den Händen, sind sie auf dieser doch angeblich so bedeutsamen
Veranstaltung eine wahre Rarität. Das mag an der Touristenfeindlichkeit
der COMIKET liegen (der einzige englische Text im Katalog ist die
Hausordnung!), vielleicht aber auch an den Myriaden schwarzhaariger
Besucher, die bei manchem schnell eine Identitätskrise auslösen könnten.
Zumindest verlocken sie einen zu solch seltsamen Gedankengängen, während
man in einem von vielen anderen 20x40m Menschen-Blocks zusammengepfercht
auf den Einlass wartet, weil man natürlich nicht den Anweisungen des
Katalogs („Erstmalige Besucher sollten erst zur Mittagszeit
kommen.“) gefolgt ist.
Da man bereits auf diversen Doujinshi-Verkaufsmessen war, die mit
teilweise 10.000 Zirkeln auch fast schon COMIKET-Ausmaße annahmen,
war man natürlich vorbereitet: Lange vor der Veranstaltung war bereits
der Katalog gekauft, Lagepläne memoriert, die Stände der Lieblingszirkel
verinnerlicht und ein Strategie-Plan ausgearbeitet. Natürlich alles
vergebens. Die wahren Veteranen campieren schon lange vor Tagesanbruch
vor dem Gelände, und das aus gutem Grund: Als man knapp 30 Minuten nach
dem öffentlichen Einlassbeginn in die gewünschte Halle eintrat, war der
erste Zirkel der Liste (natürlich der Lieblings-Zirkel) bereits ausverkauft,
und den zweiten Ziel-Zirkel zierte eine vierfach gefaltete Schlange,
die sich über das ganze Außengelände zog. Zirkelmitglieder mit Lautsprechern
und Schildern („Hier ist nicht das Ende der Schlange!“)
liefen herum, dazu die erfahrenen Doujinshi-Otakus, die mit ausgefeilten
Gruppenstrategien (aka Rudel-Taktik) Raubkatzen gleich zwischen den ganzen
Besuchern huschten. Nach zwei Stunden Kampf hat man die von vorneherein
sehr eingeschränkte Wunschliste abgearbeitet: Bei sieben der zehn erhofften
Zirkel war man erfolgreich. Ein nicht schlechtes Ergebnis. Gut genug um sich
einen Hotdog für 300 Yen zu gönnen.
Danach konnte man es dann etwas geruhsamer, wenn auch immer noch mit
angespannten Sinnen, angehen lassen. Schließlich war es der Bishoujo-Tag,
also der, auf den alle männlichen Otakus Japans (und nicht nur die)
sehnlichst gewartet haben. Die anderen Tage hatten Bishounen und Diverse
als Themen, waren daher für einen selbst etwas ruhiger und man konnte
sich auch auf Dinge außerhalb der Zirkel-Hallen konzentrieren. So war
am Bishounen-Tag der Händlerraum die Halle der Wahl: eine Halle voll
mit Bishoujo-Game-Herstellern, die ihre neusten Produkte präsentierten.
Eine Wohltat, nachdem man in den anderen Hallen von unzähligen gut
aussehenden, sich gegenseitig die Kleider vom Leib reißenden 2D-Boys
begrüßt worden war. Und wenn man dann genug von den ganzen schwitzenden,
leider realen Männerleibern im hoffnungslos überfüllten Händlerraum
hatte (oder das Geld ausgegangen war), konnte man auf die Cosplay-Terasse
ausweichen, wo trotz noch größerer Enge die gnadenlose Sonne und der
starke Wind einen erst gar nicht zum Schwitzen kommen ließ. Natürlich
wird die COMIKET ihrem Ruf des besten Cosplays gerecht, doch das
Beeindruckendste war zweifellos die Menge an Sonnenbränden, vor allem
bei den zahlreichen Fotografen, die teilweise ein halbes Profi-Fotostudio
um den Hals hängen hatten. Hier war der Ausländeranteil dann auch
überdurchschnittlich hoch.
Der Mixed-Day war der Tag der Entdeckungen. Man konnte durch die Hallen
laufen und schmökern und schauen, so viel man wollte. Und immer wieder
fand man Neues und Interessantes, seien es Regierungs-feindliche
Doujinshis, Beat’em-Up-Games mit bekannten Animefiguren, oder Kalender,
in denen großbrüstige Schönheiten in Nazi-Uniformen posierten.
Und schließlich das Kurioseste: Eine Ausstellung über Manga-Fans aus
aller Welt, wo einem plötzlich bekannte Gesichter aus der Heimat
entgegenlachten: Der Schwerpunkt war diesmal Deutschland.
Ort: |
Tokio, Big Sight (Japan) |
Zeit: |
13.-15. August 2004 |
Zirkel (Bewerbungen): |
35.000 (52.000) |
Anzahl Besucher: |
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1. Tag ~ Bishounen: |
160.000 (6.097 Cosplayer) |
2. Tag ~ Mixed: |
170.000 (6.120 Cosplayer) |
3. Tag ~ Bishoujo: |
180.000 (2.786 Cosplayer) |
Katalog-Preis (Vorverkauf): |
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Buch: |
¥2.200 |
CD-ROM: |
¥1.700 |
Homepage: |
www.comiket.co.jp (jpn.) |
Der Comic Market 67 findet vom 29. bis 30. Dezember 2004 statt.
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