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Bonsai – Faszination der Krüppelbäume

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Autor: Angelika
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 38, Seite 25, Juli 2004

Short Line

Wahrscheinlich wird jeder, der die FUNime liest, etwas mit dem Begriff Bonsai anfangen können. Daß es sich hierbei um Miniaturbäume handelt, welche absichtlich klein gezüchtet werden ist weitläufig bekannt. Doch wie steht es mit dem weiteren Wissen darüber hinaus?

Scheinquitte (Udo Fischer)

Was ist Bonsai?

Jeder, der sich hin und wieder mit Japan und seiner Kultur beschäftigt, ist sicherlich schon über diese asiatische Eigenheit gestolpert. Sie ist für Europäer wahrscheinlich eher befremdlich, versuchen wir doch in unserem Kulturkreis unsere (Zimmer-)Pflanzen möglichst groß und kräftig gedeihen zu lassen. Das scheint auf den ersten Blick eher der Natur zu entsprechen, wohingegen die Bonsai widernatürlich erscheinen. Auf den zweiten Blick bietet sich jedoch ein etwas anderes Bild.

Fichte - picea abies. Alter: ca. 120 Jahre. H�he: ca. 68 cm. Schale: Yixing (Udo Fischer) Es stimmt zwar, daß die Bonsaibäume ihr Erscheinungsbild nur durch Eingriffe des Menschen erhalten. Es gibt aber durchaus auch in der freien Natur Beispiele, in denen Bäume zu Krüppelwachstum gezwungen sind, z.B. wenn sie im Gebirge in der Nähe der Baumgrenze oder an Felsvorsprüngen wachsen. In diesen beiden Fällen zwingt der Mangel an Nährstoffen die Bäume zu ihrem eingeschränkten Wachstum. (Zu erwähnen ist hierbei, daß das Wachstum und die Entwicklung einer Pflanze genau dort gestört oder aufgehalten wird, wo ihr ein chemisches (Grund-)Element für ihre Entwicklung fehlt. Genau der benötigte Stoff von dem die Pflanze am wenigsten hat, begrenzt also ihr Wachstum.) Auch im Flachland kann man auf „Naturbonsai“ stoßen, z.B. in von Wild bewohnten Waldgebieten. Bäume, die sich an beliebten Wanderwegen des Wilds befinden, werden ständig angefressen und somit gestutzt – was auch zu extremem Krüppelwuchs führt.

Diese beiden Elemente – Mangel bzw. begrenzte Verfügbarkeit bestimmter Elemente und Rückschnitt der Pflanze – sind es auch, die sich der Mensch in der Natur abgeschaut hat, um sie bei der Zucht von Bonsai einzusetzen.

Rotbuche - fagus silvatica. Alter: ca. 60 Jahre. H�he: ca. 65 cm. Schale: Tokoname. Gestaltet seit 1984 (Udo Fischer)

Ein wenig über Herkunft und Geschichte

Die Anfänge des Bonsai lassen sich wie viele andere Elemente der japanischen Kultur nach China verfolgen. Dort wurden sie wahrscheinlich in Klöstern für die Gestaltung von Tempellandschaften verwendet, die den „heiligen Berg ewiger Jugend“ des Taoismus (Horai-san) darstellten.

Chinesischer Wacholder (Udo Fischer) Bis zur Meiji-Zeit wurden Bonsai in Japan seit ihrer Einführung eher in bizarre und groteske Baumformen gezüchtet. Die Züchter des Azakusa-Parks, einem berühmten Bonsai-Zentrum in der Nähe von Tokio, gingen Mitte des 19. Jahrhunderts dazu über, die Miniaturbäume in natürlichen Formen nach dem Vorbild der Natur zu gestalten und prägten den Begriff Bonsai.

Auch heute ist es erklärtes Ziel eines jeden Gestalters, Bonsai nach der Natur zu formen. Also quasi Miniaturen von Bäumen zu schaffen, die so in der freien Natur wachsen könnten.
Im 20. Jahrhundert hatte sich Bonsai in Japan zu einer Kunstform entwickelt, die auch in der Bevölkerung verbreitet war.

In die übrige Welt verbreitete sich Bonsai sehr langsam. Im Jahr 1909 gab es die erste Ausstellung Europas in London, auch Amerika erreichten sie etwa zur gleichen Zeit. Allerdings fand die Zucht von Bonsai außerhalb Japans damals aufgrund mangelnder Kenntnisse und der Dampfheizung ein jähes Ende. In dieser Zeit entstand auch das sich bis heute hartnäckig haltende Vorurteil, Bonsai wären für klimatische Verhältnisse und kulturelle Kreise außerhalb Japans nicht geeignet. Wer mit normalen Topfpflanzen umgehen kann, wird aber auch mit Bonsai keinen unüberwindbaren Schwierigkeiten gegenüberstehen.

Wo kann ich Bonsai kaufen und was muss ich dabei beachten?

Spitzahorn Ein Indiz für die heutzutage weite Verbreitung von Bonsai ist sicher jenes, dass man sie inzwischen in fast jedem Baumarkt kaufen kann. Allerdings sollte man sich entweder vorher gut informieren oder an einen Fachhändler wenden (in den meisten größeren Städten gibt es inzwischen welche), denn die Tücke liegt hier im Detail: Die wenigsten im Baumarkt oder ähnlichen Verkaufsstellen angebotenen Bäume entsprechen den allgemeinen Gestaltungsgrundsätzen. Die Bäume sind klein und sehen wie Bonsai aus, werden aber meist möglichst günstig produziert – da kann eben nicht darauf gewartet werden, bis sich ein Baum normal und gut entwickelt. So findet man sehr häufig Bäume, bei denen in einer bestimmten Höhe einfach der Stamm (die Sproßachse) abgeschnitten wurde. Der Baum treibt dann zu den Seiten aus, man hält die Seitenäste kurz und regt sie zur Verzweigung an – et vóilà, es entsteht ein Minibaum, der aussieht wie ein Bonsai, der aber nicht wirklich einer ist.

Wer einen Bonsai kaufen möchte, sollte über folgende Dinge nachdenken bzw. sie beachten:

Vorher:

  • Soll der Bonsai im Zimmer stehen oder soll es ein Freilandbonsai sein? Davon hängt z.B. ab, welche Art man kauft. Es ist nicht möglich, einen Freilandbonsai im Zimmer zu halten. Freiland heißt gänzlich draußen, auch im Winter.
  • Soll der Bonsai in der Sonne, im Halbschatten oder Schatten stehen?
  • Habe ich genug Zeit, d.h. bin ich oft genug anwesend um den Bonsai zu gießen? Da in einem Bonsai-Pflanzgefäß sehr wenig Platz für Erde ist, muss entsprechend oft gegossen werden – je nach Art alle zwei Tage bis einmal pro Woche.

Beispiel Stammform Vor Ort:

  • Sieht der Baum gesund aus? Sieht man Schädlinge?
  • Wurde der Baum gerade umgetopft? (Wenn ja, lieber sein lassen.)
  • Ist der Bonsai noch eingedrahtet? (Wird euch im Baumarkt wohl nicht passieren. Falls ja, den Draht entfernen lassen und den Baum dann nochmals beurteilen. Ist der Draht eingewachsen, sollte man den Baum nicht kaufen.)
  • Streben die Wurzeln am Ansatz gleichmäßig in alle Richtungen auseinander?
  • Verjüngt sich der Stamm durchgehend bis zur Spitze? Dabei ist es gleich, ob der Bonsai gerade oder gewunden wächst, oder welche Form er besitzt. Auch bei der Besenform, bei der sich ab einem Punkt alle Zweige gleichmäßig vom Stamm verzweigen, muss es einen sichtbaren Verlauf des Stammes und eine Verjüngung bis in die Spitze geben. Negativbeispiel, siehe obigen Absatz.
  • Wenn der Baum einen gebogenen Stamm hat, dann sollten die Biegungen ruhig und gleichmäßig verlaufen.
  • Macht der Stand des Bonsai optisch einen sicheren Eindruck? Oder wirkt er, als würde er jede Minute umkippen?
  • Bei Zimmerbonsai: Ist die Luft im Zimmer eher feucht oder trocken? (Wirkt wieder auf die Wahl der Art.)

Es gibt also eine Menge objektive Kriterien. Dabei ist diese Auswahl keinesfalls vollständig, es handelt sich nur um die Wichtigsten. Aber die Entscheidung bleibt trotzdem immer subjektiv – gefällt mir der Baum, oder gefällt er mir nicht?

Wer jetzt sein Interesse an Bonsai entdeckt hat, den Kauf eines teuren, „fertigen“ Bonsai jedoch scheut, dem möchte ich anraten in die nächste Ausgabe der FUNime zu blättern, da wird es dann um günstigere Alternativen wie die (An-)Zucht eigener Bonsai aus heimischen Pflanzen und die wesentlichen Grundgestaltungsformen gehen.

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