Autor: |
Fan-Yi Lam |
Artikel erschienen in: |
FUNime Nr. 37, Seite 40, April 2004 |
Eines Tages kamen die SPJA (1) und die JASFIC (2) auf die Idee, die bis dato gr��te Anime-Con Nordamerikas (und damit der Welt), die Anime Expo, nicht nur im sonnigen Kalifornien, sondern auch mal im Ursprungsland stattfinden zu lassen. Und so wurde sie beschlossen: eine v�lkerverbindende Anime Expo Tokyo.
Und um das Fazit vorwegzunehmen: Sie wurden ihren hohen Anspr�chen keineswegs gerecht. Das merkte man alleine schon daran, da� man nicht - wie in Japan �blich - an der Tageskasse und beim Eintritt eine Zeitlang anstehen musste und selbst in der Hochphase zur Mittagszeit nicht nur genug Raum zum Atmen hatte, sondern sich auch frei und ungebremst bewegen konnte. Kein Wunder, hat sich der Gro�teil der angeblich 4600 japanischen Besucher doch sehr gut versteckt.
Programm��ig wird sich der westliche Fan �ber das „m��ige“ H�ndler- und Filmangebot gewundert haben, gab es statt „H�ndlern“ doch eher Aussteller und in den paar Filmr�umen wurden nur ein paar Filme zu Promotionszwecken gezeigt. Genauso befremdet wie diese �ber das sehr unterhaltsame �ffentliche Seiyuu-Casting waren, waren die Japaner wohl �ber eine (leere) „Cosplay Dance Party“ oder das Cosplay-Contest („Masquarade“). Letzteres ist zwar mit 13 Gruppen etwas klein geraten, aber daf�r sehr interessant geworden. Nicht nur wurden hervorragende Kost�me, sondern, hierzulande leider noch eher un�blich, auch einfallsreiche Sketche b�hnenreif pr�sentiert. Gewonnen haben zwei Lady Oscar-Cosplayer, die eine alte japanische Werbung parodierten, bei der sich die japanischen G�ste krummgelacht haben, w�hrend die westlichen G�ste befremdet, aber freundlich l�chelten. Der zweite Preis ging an eine Gro�familie mitsamt Kleinkind, die als die gesamte Inu-Yasha-Truppe auftrat, und ein Spezial-Preis ging an einen Big-Robot-Cosplayer mit ausfahrbaren Krallen und schwenkbarem Visier.
Die B�hne wurde jedoch weitestgehend f�r die Promotion von Firmen und neuen Anime-Filmen verwendet. Hier geriet die wohlgemeinte V�lkerverst�ndigung dann auch fast zur Farce. Nicht nur hatte der unsympathische amerikanische �bersetzer den gut aussehenden japanischen Moderatorinnen wenig entgegenzusetzen, er wurde von ihnen auf offener B�hne sogar ver�ppelt, wor�ber sich die japanischen Besucher ganz besonders am�siert haben.
Was die gesamte Veranstaltung rettete, waren neben dem Cosplay sicher die vielen Diskussionsrunden mit vielen bekannten und weniger bekannten Gr��en und Newcomern aus der Industrie. Leider zeigten gerade die Japaner wenig Interesse an internationalen Themen z.B. �ber weltweite Anime-Cons. Insgesamt konnten die Veranstalter �ber 30 Ehreng�ste (eine handvoll amerikanische mit eingeschlossen) mobilisieren, von denen der bekannteste wohl Akamatsu Ken (Love Hina) war. Bei dessen �berraschend lockerer Autogrammstunde konnte man dann die am Morgen vermisste Wartezeit nachholen.
Laut den Veranstaltern soll dies nicht die letzte AX Tokyo gewesen sein. Jedoch kann man kaum sagen, da� die AX Tokyo 2004 ein finanzieller Erfolg war. Das lag einerseits an dem geringen Interesse der Japaner und zum anderen an der starken Japanisierung der Con, welche dann nicht mehr die �blichen Vorstellungen der westlichen Besucher erf�llte.
Die Ursachen sind vielf�ltig, liegen aber nicht nur an der f�r solch ein Event sehr geringen Werbung in Japan (ein paar Zettelchen im Gamers). Diese Art von Anime-Cons gibt es n�mlich in Japan nicht. Die Japaner konnten daher wenig mit einer „amerikanischen Con auf japanischem Boden“ anfangen, genauso wenig mit den f�r eine solche Veranstaltung nicht un�blich hohen Preisen. Die paar japanischen Firmen sahen in der AX Tokyo dagegen eher eine alternative, st�rker internationale
Tokyo Anime Fair.
Insgesamt wird sich der japanische Besucher wohl mehr am�siert haben als der auf seine traditionelle Anime-Con pochende westliche Fan. Wie auch immer, man darf gespannt sein, wer sich bei einer Fortsetzung st�rker durchsetzen wird, die Japaner oder die Amerikaner. Unbestreitbar ist es ein sch�nes, aber sehr teures Prestigeobjekt.
(1) SPJA = Society for the Promotion of Japanese Animation
(2) JASFIC = Japanese Association for Science Fiction International Communication
K�rzel: |
AX Tokyo |
Zeitraum: |
16.-18. Januar 2004 |
Eintritt (normal): |
¥3.000 - ¥7.000 (ca. € 24-55) |
Besucher: |
angeblich 5000 (400 aus dem Ausland) |
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