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Terranigma – Eine verkannte Perle?

„Die Sch�pfungsgeschichte auf dem Super Nintendo“

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Autor: Alin Constantin
Artikel erschienen in: FUNime 42, Seite 26, Juni 2005

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Terranigma „Unser Planet besitzt zwei Seelen. Ein �u�eres und ein inneres Antlitz. Eine Licht- und eine Schattenseite. Millionen Jahre nach der Geburt des Planeten wurden Wachstum und Verfall zu zwei Seelen. Auf der Lichtseite entstand neues Leben. Die Schattenseite erstarrte im ewigen Eis. Die Lichtseite erschuf neues Leben. Alles entwickelte sich pr�chtig. Angst und Ha� beherrschten die Schattenseite. So entstanden Gut und B�se.“ – So die Einleitung und Vorgeschichte von Terranigma.

„Wozu eine Rezension zu einem uralten SNES-Game?“, wird sich vielleicht mancher fragen. Nun, lest einfach weiter! Aber vorab eine Anmerkung: Da ich keine Informationen �ber die japanische Version finden konnte, meine ich mit „Original“ die englischsprachige Fassung. Diese d�rfte der japanischen aber sehr nahe kommen.

Anno 1996 erschien in Deutschland eines der letzten Spiele f�r den Super Nintendo, die vielleicht beliebteste Nintendo-Konsole. Terranigma wurde in einer �berdimensionalen Schachtel inklusive Spieleberater ver�ffentlicht, wie schon Secret of Evermore und andere davor. Auch wenn dieses Spiel innerhalb der Fangemeinde der 16-Bit-Generation recht bekannt ist, so konnte es nie zu dem Ruhm eines Secret of Mana oder gar Zelda gelangen. Das mag daran liegen, da� es nicht in den Staaten erschienen ist und da� der Hersteller Enix – in Japan bekannt f�r Dragon Quest, die erfolgreichste RPG-Reihe – in westlichen Gefilden nicht so vielen ein Begriff ist, zumindest im Vergleich zu den Final-Fantasy-Machern Square (mittlerweile haben die beiden Firmen fusioniert und tragen den Namen Square-Enix). Doch Tenchi S�z�, w�rtlich �bersetzt „Erschaffung von Himmel und Erde“, wie es im Original hei�t, ist nicht das erste Quintet-Werk im Vertrieb von Enix, das in Europa erschienen ist. Davor gab es Actraiser 1 und 2, Soul Blazer und das bekanntere Illusion of Time, das in den USA Illusion of Gaia hei�t. Tats�chlich sollte Terranigma urspr�nglich hierzulande Illusion of Time 2 hei�en, doch man entschied sich gl�cklicherweise dagegen, denn es sind zwei v�llig verschiedene Spiele.

Bei Terranigma handelt es sich um ein Action-Adventure mit RPG-Elementen: Es gibt eine Karte, auf der man von Stadt zu Stadt zieht, viele Charaktere und Orte, jede Menge Waffen, R�stungen und Gegenst�nde, eine komplexe Geschichte sowie Erfahrungspunkte und Level zum Aufsteigen.

Geschichte – Teil 1

In einer postapokalyptischen Welt beginnt das Abenteuer im Dorf Krysta der Unterwelt, wo unser Held Ark von seiner Freundin Melina wachgek��t wird. Sp�ter �ffnet dieser in seinem Keller eine geheimnisvolle Kiste und befreit dadurch ein Kirby-�hnliches Wesen, das auf den Namen „Fluffy“ h�rt und ihm sein Schicksal offenbart: Ark mu� die Oberwelt und ihre Lebewesen aus der Versenkung retten. Nachdem man in den f�nf T�rmen der Unterwelt Aufgaben bestanden hat und somit die f�nf entsprechenden Kontinente aus den Tiefen des Ozeans an die Oberfl�che steigen l��t, f�ngt die Geschichte erst richtig an – an der Oberfl�che gilt es der Reihe nach Pflanzen, V�gel, Tiere und schlie�lich die Menschheit zu befreien. Die Oberwelt repr�sentiert unsere Welt, wie wir sie kennen, wer sich also geografisch nicht auskennt, kann vielleicht noch etwas dazulernen. Viele Orte haben allerdings entweder leicht ge�nderte Namen, wie Neo Tokyo, Storkolm, etc., oder ganz neue (Loire ist hier kein Flu�, sondern Frankreichs Hauptstadt Paris). La�t euch aber nicht durcheinanderbringen dadurch, da� Europa im Westen und Amerika im fernen Osten liegt – bei den Japanern liegt ihr Land auf Landkarten in der Weltmitte!

Grafik

Die Grafik geh�rt teilweise zum Besten, was es auf dem Super Nintendo gibt: die Unterwelt zeichnet sich durch eine Art „scrollende“ Darstellung aus und trotz der bunten Oberwelt wirkt das Ganze erwachsener als bei anderen Spielen. Am erstaunlichsten sind aber die, wenn auch wenigen, 3D-artigen Zwischensequenzen, die zum Beispiel nach der Rettung eines Kontinents eingeblendet werden. Die Zauberspr�che sind auch sehr ansehnlich. Ansonsten wird in St�dten und Verliesen wie �blich auf die isometrische Sicht zur�ckgegriffen.

Sound

Musikalisch wird viel Abwechslung geboten, von lustigen Dudel-Melodien zum Mitsummen bis zu sch�nen, stimmungsvollen St�cken (man achte auf die Unter- und Oberweltmusik!). Die Soundeffekte sind passend und geben ebenfalls keinen Grund f�r Kritik. Nur eine Sache nervt tierisch: das Knallger�usch, das zu h�ren ist, wenn man gegen eine Wand st��t, was beim Laufen nat�rlich oft passiert.

Gameplay

Und nun zum Gameplay: Als Item-Box dient eine Kiste, in die man per Select-Taste „hineinschl�pft“ und von Kammer zu Kammer wechselt. So lassen sich R�stungen, Waffen und Gegenst�nde verwalten und Optionen einstellen.

Die K�mpfe gestalten sich sehr dynamisch und machen mehr Spa� als zum Beispiel bei Zelda: Es gibt f�nf verschiedene Angriffe, die je nach Gegner mehr oder weniger Schaden anrichten und nach kurzer Eingew�hnungszeit sehr flott von der Hand gehen. Magieangriffe gibt es auch, werden allerdings eher selten eingesetzt, da der Kampf mit der Waffe schneller funktioniert.

Und sonst?

Ein gutes Action-Adventure braucht nat�rlich auch Sidequests und Minispiele. Und Terranigma hat so viele zu bieten wie nur wenige Konkurrenten. Der H�hepunkt ist der originelle St�dtebau. „St�dtebau? Da spiel’ ich lieber Sim City!“ Nein, man kann es nicht vergleichen, denn hier gestaltet sich das Ganze wesentlich einfacher und passender zu diesem Genre: Wenn man die richtigen Entscheidungen trifft (z.B. bei der Pr�sidentenwahl) und Gegenst�nde von einem Ort zum anderen bringt, kann man aktiv dazu beitragen, da� sich insgesamt f�nf St�dte weiterentwickeln (es gibt nat�rlich mehr, aber nur diese ver�ndern sich). Dadurch ergeben sich neue M�glichkeiten: So kann man zum Beispiel in der dritten Stufe der franz�sischen Stadt Loire sogar ein eigenes Appartement mieten und mit M�beln einrichten. Ab sofort hei�t dieses Zimmer dann „Heim“.

Noch ein Tip: sprecht in Neo Tokyo mit den M�lltonnen! Erwischt ihr die richtige, dann entdeckt ihr den Gag des Spiels schlechthin!

Der Schwierigkeitsgrad ist wie bei Action-Adventures �blich auf mittlerem Niveau. Ein paar Mal m��t ihr vielleicht l�nger �berlegen was zu tun ist, und im spanischen Schlo� euch eventuell auf mindestens Level 25 hochk�mpfen, doch praktisch ist das Spiel ohne Lebensverlust schaffbar.

Die Spielzeit betr�gt beim ersten Durchspielen �ber 20 Stunden. Rast man mit dem L�sungsbuch in der Hand dem Ende entgegen (was allerdings unsinnig w�re), ist es auch in der halben Zeit zu schaffen.

Geschichte – Teil 2

Terranigma Kommen wir zur�ck zur Story: Denn die epische Geschichte ist trotz der anderen gro�artigen Elemente und Einf�lle der eigentliche Trumpf des Spiels! Mit der Zeit, nachdem man die Welt befreit hat, erlebt man mit – oder tr�gt sogar dazu bei – wie die gro�en Errungenschaften der Menschheit, die f�r uns heute selbstverst�ndlich sind, entdeckt werden. Da w�re das Telefon, die Gl�hlampe und das Flugzeug, nur um ein paar zu nennen. Ja, sogar eine offensichtliche Anspielung auf eine beliebte Fast-Food-Kette gibt es.

Apropos Anspielungen: Davon gibt es jede Menge, unter anderem auf die Atombombe und andere Ereignisse oder viele wichtige Personen der Weltgeschichte (siehe Kasten). Man findet vereinzelt sogar mehr oder weniger offensichtliche Kritik an Gesellschaft, Politik (Stichwort Planwirtschaft vs. Kapitalismus), Umweltzerst�rung, etc. Wer m�glichst alles sehen und verstehen m�chte, was das Spiel zu bieten hat, sollte es entweder mehrmals durchspielen und dabei verschiedene Antworten auf die Fragen geben, oder gleich einen ausf�hrlichen Walkthrough aus dem Internet benutzen. So kann man Erkl�rungen zu den ganzen Namen der Personen und St�dte finden und was man unter Umst�nden verpa�t, wenn man die „falschen“ Entscheidungen trifft.

Und das alles ist nur die Neben-Story. Auch die eigentliche Geschichte unseres Helden begeistert mit zahlreichen Wendungen und Ereignissen, bei denen man nicht sicher sein kann, wer nun Feind und wer Freund ist. Die Handlung ist wesentlich erwachsener und anspruchsvoller als bei anderen derartigen Spielen; da gibt es, nur um ein paar Beispiele zu nennen, die Dreiecksbeziehung der Protagonisten oder den K�nig, der die Bewohner eines ganzen Dorfes umbringen l��t. Einmal sogar... nein, zuviel wird nicht verraten, ihr m��t es schon selbst erleben!

Nur noch so viel: das Ende (haltet bis zum Schlu� der Credits durch) hat es auch in sich!

Man spricht Deutsch

Noch ein Wort zur �bersetzung: Hier hat Nintendo sicherlich nicht seine beste Arbeit abgeliefert. Es gibt viele Namens�nderungen, die besonders bei den Erfindern keinen Sinn machen (siehe Kasten). Der Hauptcharakter wurde nicht davon betroffen, allerdings einige seiner Freunde, wie Melina (im Original Elle) und Fluffy (Yomi). Dazu gibt es noch einige unverst�ndliche oder ge�nderte Gespr�che: die Frau im Zelt der Quatros zum Beispiel bittet euch im Original um eine Massage und sagt nicht wie in der deutschen Fassung: „Soll ich f�r dich tanzen? Du bist zu jung daf�r!“. Massiert bzw. dr�ckt sie trotzdem mal, und wenn ihr euch eine fangen wollt, auch von vorne. Nichtsdestotrotz gibt es noch genug gelungene Gags! Ob da die �bersetzer kreativ waren oder sich an den Ausgangstext gehalten haben, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

Fazit

In einem Interview vor langer Zeit bezeichnete FUTAMI Shinji, einer der Hauptentwickler, Terranigma als „das ultimative SNES-Abenteuer“. Und obwohl dieses Spiel mittlerweile f�r viele in Vergessenheit geraten ist, trifft man immer noch in Foren und sonst im Internet ab und zu Leute, die es f�r eines der besten Spiele �berhaupt halten. Denn nicht viele andere Konsolentitel bieten solch eine geniale Geschichte und verm�gen es derma�en, einen in den Bann zu ziehen wie Terranigma. Wer sich also nicht gerade als 3D-Junkie bezeichnen w�rde, sollte sich auf dieses unvergessliche Erlebnis einlassen!

P.S.: F�r Fragen zum Spiel und sonstige Anmerkungen stehe ich gerne im Tomodachi-Forum (himitsu) zur Verf�gung.

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Terranigma

System: Super Nintendo
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Quintet
Hersteller: Enix
Kapazit�t: 32 Megabit
Erscheinungsjahr: 20.10.1995 (Japan) / 1996 (USA, Europa)


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Links:

www.fantasyanime.com/legacy/terranigma.htm
www.fogu.com/terra
www.geocities.com/TimesSquare/Maze/2797/index.html
www.terraearth.com/
http://millennium.fortunecity.com/playdays/478/
http://geocities.com/SunsetStrip/Lounge/1307/right.html
 

Screenshots:

www.geocities.com/bakaboytony/terranigma.html
Auf diesen Seiten gibt es auch viele Artworks im Manga-Stil, die zum Teil wesentlich sch�ner sind als die etwas befremdlichen Zeichnungen im Spieleberater oder Nintendo-Comic zum Spiel. Bilder wie „Ark on the world“ zeigen auch, da� Terranigma das Potenzial zu einer guten Anime-Serie h�tte!


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Personen in Terranigma

Es gibt in diesem Spiel mehrere Frauen und M�nner, die gr��tenteils auf realen Menschen basieren:
 
Deutsch Original Reales Vorbild
Sam Bell Alexander Graham Bell (1847-1922) – bekannt als Erfinder des Telefons
John Eddy Thomas Edison (1847-1931) – der vielleicht wichtigste Erfinder, u.a. des Phonographs und der Kohlenfadenlampe
Hedi Hedyn Sven Hedin (1865-1952) – gro�er Forschungsreisender; �berquerte den Himalaja und hielt sich besonders in China und Tibet auf
Marcel Matis Henri Matisse (1869-1954) – franz�sischer Maler und Grafiker
Sir Fitz Rich Wahrscheinlich erfunden; oder Anspielung auf den Selfmade-Million�r Richard Branson
Heinz Keinz John Maynard Keynes (1883-1946) – neben Milton Friedman der bedeutendste �konom des 20. Jahrhunderts
Will Will Wilbur Wright (1867-1912; Luftfahrtpionier) oder William Boeing (1881-1956; Gr�nder des Boeing-Konzerns)
Mary Marily keine Informationen (erfunden?)
J�rgen Mick Wohl eine Anspielung auf „Mc“(Donald’s)
Tom Stoma Wahrscheinlich nur Abk�rzung des engl. Wortes „stomach“ (Magen)
Kolumbo Columbus Christopher Columbus (1451-1506) – ital. Seefahrer, gilt als Entdecker Amerikas
Tem-Jin Temjin Dschingis-Khan (1155-1227), eigtl. Temujin – mongolischer Eroberer

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