Autor: |
Sarah Stark |
Artikel erschienen in: |
FUNime 0, Seite 11, Oktober 1997 |
Für viele Otakus waren Akira oder Ghost in the Shell Offenbarungen,
oft waren es die allerersten Anime, die sie gesehen haben und die, die
das weitere Interesse an Anime entfacht haben. Wenn auch mehr Leute die
Chance hätten, diesen Film zu sehen, dann wäre Memories wohl sicher
auch so ein Anime. Auch wenn es bei weitem nicht mein allererster Anime
war, so war er aber doch ganz sicher eine dieser Offenbarungen. ^_^
Was zuerst auffällt und sehr ungewöhnlich für Anime ist, während dies
im Realfilm schon gang und gäbe ist, ist die Tatsache, daß es sich hier
um einen Episodenfilm handelt. Sprich, der Film ist aus drei Teilen
zusammengesetzt, unabhängig voneinander in Handlung, Ort und Zeit.
Kanojo no Omoide – Magnetic Rose
„Who expects to find an opera diva in the dark recesses of space?
She dwells alone in a rose garden with her cherished memories and
one very dark secret.“
Im Jahr 1992 arbeiten Heinz, Miguel, Iwanoff und Aoshima auf einem
Raumschiff und sammeln Satellitenüberreste und anderen Müll, der im
Weltall herumfliegt, ein. Auf einem Rückflug erhalten sie ein
Funksignal, ein Fragment aus Puccinis „Madame Butterfly“, aus einer
Gegend, die ihnen eigentlich nur als große Müllhalde bekannt ist.
An der Stelle angekommen, von der das Signal ausgesendet wurde,
sehen sie ein Raumschiff in Form einer Rose. Heinz und Iwanoff
dringen in die Rose ein, um den Sender des Signals zu suchen und
finden im Innern einen prächtigen Palast. Jeder Raum ist mit
Erinnerungen an die bekannte und begnadete Opernsängerin Eva Friedel
gefüllt.
Als sie ihre Suche vertiefen, fallen sie in den Bann einer Welt voller
Illusionen, von Eva und ihrem traurigen Schicksal erschaffen.
Magnetic Rose ist der längste und technisch faszinierendste Teil von
Memories, exzellent durch das Character Design und die Musik von Yoko
Kanno (und der von Puccini!) atmosphärisch in Szene gesetzt.
Saishu Heiki – Stink Bomb
„He’s under odors - uh, orders, that is to reach Tokyo. But events turn,
and he thinks something smells rotten - and it could be him.“
Nobuo Tanaka, ein einfacher Laborant in einem Pharmazielabor hat auf
Anraten eines Kollegen eine Probe einer neuen Medizin genommen. Seiner
Meinung nach eine einfache aber wirkungsvolle Medizin gegen seinen Schnupfen,
in Wirklichkeit aber hat er ein Forschungsergebnis der Abteilung für
bakterielle Kriegsführung zu sich genommen, das eigentlich unter Verschluß
gehalten werden sollte. Diese „Medizin“ läßt aus dem Körper desjenigen,
der sie geschluckt hat, ein Gas ausströmen, das jeden in der unmittelbaren
Umgebung sofort tötet.
Nach einem Nickerchen wacht Nobuo auf, um alle Mitarbeiter tot vorzufinden.
Er alarmiert Tokyo wegen dieses Notfalls und erhält Order, sofort mit den
Akten in die Hauptstadt zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt ist dem Militär
aber nicht klar, daß Nobuo zu einer tödlichen Waffe geworden ist und auch
Nobuo hat davon keinen blassen Schimmer. Er nimmt eine Honda und macht sich,
von großen giftigen Wolken gefolgt, zum Hauptquartier auf, wo inzwischen
das Militär überlegt, wie sie Nobuo außer Gefecht setzen können...
Das Ganze mag sich etwas bedrückend anhören, aber durch die grellen
Farben und die witzig umgesetzte Story merkt man davon im ersten Moment
nicht viel, obwohl die Botschaft des Films ja nicht gerade beruhigend ist.
Taiho no Machi – Cannon Fodder
„Know your place. Know your job. Know your enemy. Life is to fulfill your
duty. And shoot without question.“
Gezeigt wird ein Tag im Leben eines kleinen Jungen in einem totalitären
Stadtstaat. Dieser ist bis aufs Äußerste mit Kanonen aufgerüstet.
Sein Vater lädt täglich Kanone #17 mit Munition und seine Mutter arbeitet
in einer Fabrik, in der Kanonenkugeln hergestellt werden. Diese Stadt
kämpft gegen eine andere und das ganze Leben der Bevölkerung zentriert
sich um „die Kanone“.
Selbst im Mathematikunterricht des kleinen Jungen wird berechnet, wie die
Schußkraft verbessert werden kann.
Und jeder der kleinen Jungen wünscht sich nichts sehnlicher, als eines
Tages der Mann zu werden, der die große Hauptkanone zünden darf! Und so
salutiert er auch vor dem Schlafengehen vor dem Bild des großen
Kanonenzünders.
Cannon Fodder ist der Teil von Memories, bei dem Otomo selbst Regie
führte. Sehr ungewöhnlich für Anime ist das Character Design, das mit
der Betonung auf Linien und der Farbgebung sehr an russische und
tschechische Animationsfilme aus den 70er Jahren erinnert. Durch den
spärlich eingesetzten Dialog und diese Bilder wird der Alltag in dieser
Stadt wunderbar einfach beschrieben.
Otomo-Fans seien gewarnt, daß sie u.U. mal wieder nicht das vorfinden
werden, was sie erhofft hatten.
Fazit
Memories ist ein Episodenfilm und mag deshalb manche enttäuschen,
die lineare einheitliche Geschichtenführung gewohnt sind. Diese
drei Episoden sind grundverschieden und finden durch ihre verschiedenen
Sichtweisen auf technologische Entwicklungen und wohin diese führen
können ihre Gemeinsamkeit.
Daten
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Titel: |
Katsuhiro Otomos Memories |
Produktionsjahr: |
1995 |
Laufzeit: |
113 min |
Regie: |
Katsuhiro Otomo, Koji Morimoto, Tensai Okamura |
Produktion: |
Bandai Visual Co. Ltd. |
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