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Autor: |
Bernhard Hübscher |
Artikel erschienen in: |
FUNime Nr. 38, Seite 38, Juli 2004 |
Welche Bedeutung hat das Buch „Secondary“? Welche Macht
können Worte haben? Welche Wirkung hat die menschliche Stimme?
Wie kann man den menschlichen Geist fernsteuern? Was schreibe ich
hier eigentlich?
Das inzwischen recht bekannte Studio Bee-Train hat es wieder einmal getan.
Seit April 2004 läuft die neue Serie Madlax und bis Ende September
2004 wird sie noch viele Zuschauer verwirren. Bee-Train hat sich in letzter
Zeit mit mehreren Serien einen Namen gemacht: Noir, .hack//SIGN,
die anderen Anime der .hack-Serie und Avenger. All diese
Serien haben einiges gemeinsam: eine gute Animationsqualität im 16:9-Format,
eine gute musikalische Untermalung, eine anfangs langsame Handlung, die
später so kompliziert wird, daß man die Serie noch einmal von Anfang an
sehen muß und zuletzt meist nicht sehr befriedigende Enden und das Gefühl,
daß die Macher der Serie sich zum Schluß in ihrem eigenen Gespinst verwickelt
haben. Tja, und genauso präsentiert sich auch Madlax während seiner Halbzeit
(zum Zeitpunkt dieses Artikels ist gerade Folge 13 von 26 in Japan über den
Äther gegangen).
Hauptfiguren der Serie sind zwei Mädchen im Alter von 17 Jahren. Die
eine hört auf den Decknamen Madlax und ist eine Agentin und Attentäterin
in dem asiatisch anmutenden Land Gazth-sonika. Die andere, Margret Burton,
ist letztes lebendes Mitglied einer reichen und mächtigen Familie und lebt
mit ihrem Dienstmädchen Eleanor in dem europäisch erscheinenden Land Naffres.
Von Anfang an wird leicht angedeutet, daß zwischen den beiden Mädchen eine
wichtige Beziehung besteht. In der ersten Folge spricht Madlax zum Beispiel
manchmal mit der Stimme von Margret, später fühlen beide Charaktere öfter
das gleiche, oder beziehen sie sich in einer Aussage direkt auf etwas,
das die andere zur gleichen Zeit gerade sieht? Doch wie sieht ihre Beziehung
tatsächlich aus und welche Bedeutung hat sie? Und was ist vor zwölf Jahren
tatsächlich geschehen?
Beide Mädchen werden im Laufe der Serie immer stärker in ein gigantisches
Intrigenspiel gezogen, das sich um einen seit zwölf Jahren tobenden
Bürgerkrieg in Gazth-sonika dreht. Von vielen Seiten wird dieser Krieg
manipuliert oder angeheizt. Sei es die wichtigste Firma von Naffres oder
die übermächtige Geheimorganisation Enfant. Gerade Enfant hat eine
unglaubliche Macht – sie können allein durch Worte in einer längst
vergessenen Sprache die Gedanken und Taten von Menschen beliebig
beeinflussen oder fernsteuern. Und diese Fähigkeit steht in direktem
Zusammenhang mit einem Buch – dem „Secondary“ –
das Margret besitzt und von dem auch Madlax eine Seite hat.
Doch wie ist sie an diese einzelne Seite gekommen?
Viele Zuschauer dieser Serie haben sie mit Noir verglichen. Ganz
von ungefähr kommt das auch nicht, ist die Reihe doch vom selben Studio
produziert worden und auch Regisseur, Designer und Komponist der Serie
sind die selben. Der Aufbau ähnelt sich und auch die düstere, oft
melancholische Stimmung ist sehr ähnlich. Es bleibt abzuwarten, ob sich
Madlax von dem Vorwurf des Eigenplagiates noch befreien kann.
Auf jeden Fall ist die Animationsqualität beeindruckend, die Hintergründe
der 16:9-Serie sind extrem detailliert in weichen Farben gezeichnet. Auch
die Musik muß sich hinter den Soundtracks von Noir oder .hack//SIGN
nicht verstecken. Es wechseln sich echte Ohrwürmer von gesungenen Liedern
und sehr dezente und gefühlvolle Hintergrundmusik im klassischen und teilweise
orchestralen Stil ab. Angenehm ist, daß die Musik zwar ähnlich intensiv wie
bei Noir und .hack//SIGN ist, aber nicht ganz so laut und
alles überstrahlend abgemischt wurde.
Ich empfehle dem interessierten Zuschauer auf jeden Fall, der Serie
etwas Zeit zu geben. In der ersten Folge denkt man zuerst: „Oh Gott!“.
Die Handlung ist verworren und Madlax' Aufzug im Kleid mitten im Dschungel,
während sie eine große militärische Einheit hinwegmetzelt, spricht nicht
gerade für eine große Realitätsnähe. Später wird der Zuschauer durch die
ständigen Sprünge der Serie zwischen Margret und Madlax verwirrt –
es wechseln sich actiongeladene Folgen mit schon fast apathischen Folgen
in Naffres ab. Erschwert wird das Verständnis der Serie noch durch die
ständigen versteckten Hinweise, die man häufig erst beim zweiten Sehen
erkennt. Dabei wird die Handlung von Folge zu Folge komplizierter und
bietet immer neue Interpretationsmöglichkeiten.
Insgesamt halte ich die TV-Serie für sehr sehenswert, wenn man auf solch
verworrene Serien steht. Die Animationsqualität allein ist ein großer
Pluspunkt und wenn man die Musik in Noir und .hack//SIGN
mochte, wird man ähnliches der Musik von Madlax entgegenbringen.
Tatsächlich könnte man wohl viele Stücke zwischen den Serien austauschen.
Die Handlung ist bis jetzt sehr kompliziert geworden, auch wenn die Folgen
12 und 13 eine Menge Fragen beantwortet haben. Ob das Ende eine vernünftige
Auflösung bringen wird, bleibt abzuwarten. Bei Noir fragen sich bis
heute viele Zuschauer, welches Schicksal die Hauptcharaktere in den letzten
Sekunden genommen haben und was denn nun genau die Intention von Les Soldats
und Athena war. Das Ende von .hack//SIGN kann man nur mit einem Satz
beschreiben: „Deus ex machina“. Und über die letzte Folge von
Avenger wollen wir lieber den Mantel des Schweigens breiten. Ich auf jeden
Fall erwarte nichts und rechne mit allem.
Madlax
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TV-Serie, 26 Folgen
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Animationsstudio: |
Bee-Train, 2004 |
Regie: |
MASHIMO Koichi |
Design: |
SHIBA Minako |
Musik: |
KAJIURA Yuki |
Bisher nur als englischer Fansub erhältlich
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