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Manie Manie – Labyrinth-Geschichten

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Autor: Michael B.
Artikel erschienen in: FUNime Nr. 36, Seite 36, Februar 2004


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DVD-Cover Ein Gemeinschaftsprojekt von drei der namhaftesten Anime-Regisseure, denen volle künstlerische Freiheit eingeräumt wurde, ausgestattet mit Traumbudget und Top-Animateuren, erscheint in Deutschland auf DVD und unter den Fans interessiert sich niemand dafür? Kein schlechter Witz, sondern bittere Realität.

Denn Meikyuu Monogatari (Labyrinth-Geschichten) ist eben kein aktuelles Werk mit Fansub-Hype, und „volle künstlerische Freiheit“ bedeutet auch, daß kein Zwang zur Massentauglichkeit besteht, ohne die es ein Film dann doch schwer hat, Klassiker-Status zu erlangen. Entstanden ist er 1987, während Japans „Bubble Economy“, als das Geld locker saß und KADOKAWA Haruki, der Chef des Verlagshauses Kadokawa Shoten, es sich leisten konnte, in ein Liebhaberprojekt zu investieren. Und der Projektleiter war ja immerhin Rintarou (ein Künstlername, eigentlich heißt er HAYASHI Shigeyuki), ein Anime-Veteran, der schon bei Astro Boy mitgewirkt und fünf Jahre zuvor mit Harmageddon bewiesen hatte, daß ein Verlag einen erfolgreichen Anime-Kinofilm produzieren kann.

Manie Manie Als weitere Regisseure holte er sich KAWAJIRI Yoshiaki, der gerade einen zweiten Lensman-Anime fertiggestellt hatte und später u.a. Ninja Scroll und Vampire Hunter D - Bloodlust drehen würde, sowie OTOMO Katsuhiro, der zwar noch nie professionell Regie geführt hatte, als Mangaautor mit Akira jedoch höchst erfolgreich war und mit Freunden Amateurfilme drehte. Jeder dieser drei durfte sich nun unter den Kurzgeschichten des SF-Autors MAYUMURA Taku eine aussuchen und als Anime verfilmen, unterstützt von Animateuren des traditionsreichen Studios Madhouse - eingeschränkt nur durch den Zeitrahmen.

Manie Manie In der ersten Geschichte Das Labyrinthos-Labyrinth, bei der Rintarou selbst Regie führte, handelt es sich um eine Art (post-)modernes Alice im Wunderland: Die kleine Sachi und ihr fetter Kater Cicero gelangen beim Spielen auf die andere Seite von Uhren und Spiegeln, in eine fremdartige, aufregende Welt: ein mit seltsamen Gestalten und Dingen gefülltes Labyrinth. Dort verirren sie sich, und gelangen schließlich in einen Zirkus. Ein Teil dessen Vorstellung sind die beiden anderen Episoden, und so dient Das Labyrinthos-Labyrinth auch als Rahmenhandlung. Selbst hat es nicht viel an Geschichte zu bieten, sondern ist mehr eine Art visuelle Achterbahnfahrt, in der eine Überraschung die nächste jagt. Gesprochen wird kaum, und Musik wird gezielt als eigenständiger Teil des Effektfeuerwerks eingesetzt. Als Zuschauer ist man einerseits von der übersprudelnden Kreativität überwältigt, andererseits tritt auch eine gewisse Reizüberlastung auf, und man wünscht sich ein etwas geringeres Tempo und verbindende, ordnende Elemente - doch diese Wirkung ist vermutlich sogar beabsichtigt.

Manie Manie Auch die von Kawajiri stammende zweite Episode, Der fahrende Mann, hält sich wenig an übliche Erzählgewohnheiten. Es geht darin um den „Race Circus“, ein futuristisches Extrem-Autorennen, bei dem tödliche Unfälle alltäglich sind. Der unangefochtene Champion dieses Rennens ist Zack Hugh, der, beobachtet von einem Reporter, nun sein letztes Rennen fährt. Auch Der fahrende Mann kommt mit eher minimalistischer Handlung daher, einer auf die Spitze getriebenen Geschichte um einen Mann, dessen ganzer Lebensinhalt der Wettkampf ist, die nie Ruhe finden kann und ohne jede Rücksicht gegenüber anderen oder sich selbst den Sieg anstrebt; dies wird auch schon im Originaltitel Hashiru Otoko ausgedrückt, was eigentlich eher "Der rennende Mann" bedeutet. Visuell wird dies als ein extrem kontrastreiches Spiel mit Licht und Dunkelheit umgesetzt. Die so erzeugte Dramatik wirkt jedoch leider etwas gekünstelt und übertrieben; man kann sie kaum nachvollziehen, da einem die Beziehung zu den Charakteren fehlt. Einige blutige Szenen hier sind wohl auch für die deutsche Altersfreigabe von 16 Jahren verantwortlich.

Manie Manie Nach diesen eher experimentellen Beiträgen wirkt Der Baustopp-Befehl von Otomo schon fast erfrischend konventionell: eine japanische Firma führt mitten im Dschungel eines südostasiatischen Landes ein riesiges Bauprojekt durch. Aufgrund der widrigen Umstände werden dabei alle Arbeiten von Robotern verrichtet. Nachdem die dortige Regierung durch einen Putsch gestürzt wird und somit die Finanzierung zweifelhaft erscheint, soll das Projekt sofort gestoppt werden, doch es besteht kein Kontakt mehr mit dem Bauleiter, dem einzigen Menschen vor Ort. Daher wird ein neuer Bauleiter geschickt, der die Bauarbeiten beenden soll. Dieser bemerkt bald, daß die Roboter die Vollendung des Projekts als oberste Priorität ansehen und ihn, der den Abbruch befielt, als abzuwehrende Bedrohung. Auch diese Geschichte nimmt also recht seltsame Wendungen und ergibt schließlich ein kafkaeskes Bild vom verzweifelten Kampf eines kleinen Mannes gegen eine übermächtige Maschinerie, die ihn überrollt, nicht aus geplanter Boshaftigkeit heraus, sondern in blinder Verfolgung von Aufträgen, die gar keinen Sinn mehr ergeben. Die musikalische Untermalung schwankt dabei, ebenso surreal, zwischen süßlich-harmonischen und hektisch-geschäftigen Tönen.

Manie Manie Zusammenfassend kann man sagen, daß die Labyrinth-Geschichten als Kunstwerk sicher hochinteressant sind. Doch als Geschichten können sie zu wenig mitreißen und unterhalten, als daß man sie sich mehrmals ansehen möchte. Die Animationsqualität war zum Entstehungszeitpunkt sicher atemberaubend und kann auch heute noch beeindrucken; die Musik von Micky Yoshino fügt sich in dieses Gesamtbild gut ein.

Manie Manie Nun zu den technischen Eigenschaften der deutschen DVD: diese bietet eine gute deutsche Synchronisation und den Originalton, beide wahlweise in Stereo oder einer (für dieses Release neu angefertigten!) Surround-Abmischung, sowie deutsche Untertitel. Beim Bild muß man leider Abstriche machen: zwar liegt der Film in anamorphem Widescreen-Format vor, doch leider scheint dies nicht richtig kodiert zu sein, so daß die Player das Bild in 4:3 und somit verzerrt darstellen, sofern man nicht manuell auf 16:9 umschaltet. Zudem ist ständig ein leichtes, aber erkennbares Bildrauschen vorhanden, was am Alter des Materials liegen dürfte; die Bitrate liegt dafür durchgehend sehr hoch.

An Extras bietet die DVD eine Bildergalerie, einen (wenig interessanten) Windows-Bildschirmschoner sowie (sehr interessant) ein Interview mit Rintarou zur Entstehung des Films. Das beiliegende Heft enthält detaillierte Hintergrundinformationen zu den drei beteiligten Regisseuren, die jedoch mit Eigenwerbung der Vertriebsfirma vermischt sind.

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Manie Manie – Labyrinth-Geschichten
© 1987 Kadokawa Shoten
   
Vorlage: MAYUMURA Taku
Regie: Rintarou, KAWAJIRI Yoshiaki, OTOMO Katsuhiro
Charakterdesign: KAWAJIRI Yoshiaki, OTOMO Katsuhiro, FUKUSHIMA Atsuko
Musik: Micky Yoshino
Animation: Madhouse
Deutsche Fassung: OVA Films
Bestellnummer: DVD-OVA 925
ISBN: 3-937072-77-2
Laufzeit: 45 Min. (Film) + 10 Min. (Interview)
Preis: EUR 19,95

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