Pünktlich zur zweiten TV-Staffel der Digital Monsters ist nun auch der "erste" Digimon-Film
in unseren Kinos angelaufen. Die schärfsten Konkurrenten der Pocketmonster haben somit einen
weiteren Schritt getan, um den in Deutschlands Kinderzimmern noch immer beliebtesten Monstern aus dem
Hause Nintendo ihren Rang streitig zu machen.
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Damit der Zuschauer allerdings dem Inhalt des Films zumindest ansatzweise folgen kann, ist es
für das Verständnis ohne Zweifel günstiger, wenn man vorher einen Blick in die TV-
Serie geworfen hat - die Fragen nach dem Wer? Was? Wie? und Warum? werden nämlich als bekannt
vorausgesetzt (siehe auch FUNime 18, S. 32). Der Movie an sich zeigt einen Rückblick aus der
Sicht von Kari, Tais jüngerer Schwester, die sich zu Beginn an das rätselhafte Ereignis im
Westendviertel vor acht Jahren erinnert. Wer Digimon regelmäßig im Fernsehen mitverfolgt,
der weiß, daß es bei diesem Vorfall zu einem ersten Kontakt der künftigen
Digi-Ritter mit den Digimon und zur Zerstörung des Viertels kam. Doch während sich die TV-Serie
nur vage zum genauen Hergang äußert, wird das Publikum des Films hierüber nun
ausführlich in Kenntnis gesetzt.
Es folgt ein Zeitsprung von vier Jahren, und Kari reflektiert ein weiteres, für die Digi-Ritter
einschneidendes Erlebnis. Angesiedelt ist es zwischen der ersten und der zweiten TV-Staffel. Ein
Digi-Ei erscheint plötzlich weltweit bei allen Internet-Usern auf dem Bildschirm, was für
große Verwirrung sorgt. Irgendwie erinnert es an ein Tamagotchi-Ei, aber natürlich
schlüpft letztlich ein Digimon aus. Fatalerweise wurde dieses jedoch von einem Computervirus
infiziert, so daß es durch Mutation einerseits außergewöhnlich schnell digitiert und
andererseits ziemlich bösartig ist. Zu allem Überfluß dienen ihm die reichhaltigen
Internet-Daten als Nahrung, weshalb das globale Netz in ein heilloses Chaos zu stürzen droht.
Die Digi-Ritter senden daraufhin ihre Digimon aus, um die Bedrohung zu stoppen, wobei sie
zusätzlich per E-Mail aus Amerika von einem Jungen namens Willis, der sich ebenfalls mit den
Digital Monsters auszukennen scheint, wertvolle Informationen erhalten. Die Stärke und die
Fähigkeiten von Diaboromon, so die Bezeichnung des bösen Digimon, werden jedoch
unterschätzt, und während sich unsere Helden zunächst geschlagen geben müssen,
infiltriert es nicht nur sämtliche Telefonleitungen, sondern macht sich auch noch im Pentagon-
Hauptrechner breit und schickt als Antwort auf den Angriff der Digi-Ritter zwei scharfe Atomraketen
in Richtung Japan auf den Weg
Nach bestandenem Abenteuer erfolgt wieder ein Zeitsprung, der die Ereignisse in die Gegenwart, also
irgendwo innerhalb der zweiten TV-Staffel, katapultiert. Die neuen Digi-Ritter suchen Willis in
Amerika auf, der abermals mit dem Computervirus von damals Probleme zu haben scheint, wobei langsam
klar wird, daß der Junge weit mehr von der ganzen Geschichte weiß, als er zu Anfang
preisgegeben hat.
Soweit zum Inhalt des Films. Vom Ablauf her nicht unbedingt originell, aber durchaus unterhaltsam,
was unter anderem auf das hohe Tempo und die vielen actionreichen Szenen zurückgeführt
werden kann. Der Zeichenstil hingegen, obwohl durchaus flüssig, jedoch einen Tick schlechter als
die der TV-Version, scheint sich während des Films einige Male zu verändern, genauer gesagt
bei jedem neuen Abschnitt. Im Grunde kaum verwunderlich, sofern man weiß, daß dieser
"erste" Digimon-Film in Japan überhaupt nicht existiert, sondern lediglich einen Zusammenschnitt
der ersten drei Digimon-OVAs darstellt. Da jede OVA nämlich für sich allein genommen
deutlich kürzer ist als ein richtiger Spielfilm, konnte man sie dem amerikanischen Publikum auch
nicht als "Movie" verkaufen. Also griff die Produktionsfirma Saban kurzerhand zur Schere, faßte
das vorhandene Material zusammen, wobei allerdings gute 30 Minuten der Schere zum Opfer fielen, und
erfand noch eine in sich stimmende Geschichte dazu - die japanischen Originale dagegen haben
natürlich jeweils ihre eigene Story. Ob den amerikanischen Produzenten hiermit ein
Meisterstück gelungen ist, sollte jeder für sich entscheiden. Wirklich nervtötend
indes dürfte die musikalische Untermalung aus Amerika sein. Nichts gegen guten Rock, doch wenn
der Sound ununterbrochen aus den Surround-Anlagen in einer derartigen Lautstärke dröhnt,
daß man teilweise nicht einmal mehr die Dialoge verstehen kann, wird er schnell
unerträglich, ganz zu schweigen von der Auswahl der Songs. Den Kids scheint der Digimon-Film
insgesamt dennoch gut gefallen zu haben.
Übrigens dürfen sich alle Digimon-Fans in naher Zukunft auf ein Wiedersehen mit Diaboromon
freuen, denn das bösartige Digimon will sich an den Digi-Rittern rächen. Weiterhin ist seit
April die brandneue dritte TV-Staffel in Japan zu sehen, Digimon Tamers, in der gänzlich neue
Digi-Ritter ihre Abenteuer erleben, diesmal ohne irgendeinen Bezug auf unsere jetzigen Helden.
Zumindest nicht am Anfang.
Hae-Hyuk
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