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Leseprobe der FUNime Nr. 19

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Tonari no Yamada-kun

Stellt Euch vor, der neueste Ghibli-Film kommt auf DVD raus und keiner nimmt Notiz…

Familie Yamada

Yamada-kun

auf der Wolke

Nonoko

Familie Yamada

Tonari no Yamada-kun

Bestellnummer: VWDZ-8030 Ländercode: 2 (NTSC) Länge: 104 Minuten Sprache: Japanisch Untertitel: Englisch, Französisch, Japanisch Preis: ¥4.700 (ca. 82 DM)

Links:
Kaguya Hime
Japanese Stories

So könnte man überspitzt die Situation beschreiben, die sich nach dem Erscheinen von Tonari no Yamada-kun (Meine Nachbarn, die Yamadas) auf DVD darstellte. Obwohl mit englischen Untertiteln versehen, fanden sich nur wenige Fans, die diesen Film importierten.

Der Grund ist schnell gefunden und wird schon beim Blick auf das Cover, spätestens aber nach den ersten Sekunden des Filmes klar: Tonari no Yamada-kun unterscheidet sich optisch deutlich von allen anderen Studio Ghibli-Filmen. Nichts ist zu sehen von dem schon sprichwörtlichen ghibliesken Characterdesign, denn der Film basiert auf den 4-Panel Mangas von ISHII Hisaichi, die ähnlich der Comicstrips in unseren Zeitungen in der japanischen Tageszeitung Asahi Shinbun abgedruckt werden.

Wie in den Strips wird auch in dem Film, unter der Regie von TAKAHATA Isao, in relativ kurzen Szenen das Zusammenleben der Familie Yamada beschrieben und satirisch auf besonders japanische Lebensgewohnheiten und Umstände angespielt.

Niemand sollte nun aber von dem einfachen Characterdesign auf die Qualität der Story oder der Animation schließen, denn das wäre ein großer Fehler. Yamada-kun gehört mit zu den interessantesten und wohl auch lustigsten Filmen, die letztes Jahr auf DVD rauskamen und getreu des Mottos in den Trailern "koko wa nihon" (Das ist Japan), werden bewußt japanische Verhaltensweisen und Traditionen, aber auch allgemein typisch menschliche Verhaltensweisen aufs Korn genommen. Egal, ob beim Telefon(!)-Gespräch mit dem Chef sich nicht nur der Vater, sondern im Hintergrund auch die ganze Familie verbeugt, der Vater vergeblich versucht, seinem Sohn die wichtigsten Benimmregeln beim Umgang mit Eßstäbchen beizubringen, oder einfach nur die Situtationskomik, die aus dem Satz "Ich brauche doch keinen Einkaufszettel" entsteht, beschrieben wird, es vergeht kaum eine Sekunde in der man nicht zumindest schmunzeln muß.

Gleichzeitig wird aber eindrucksvoll auch die Bedeutung des Familienlebens für jedes einzelne Mitglied dieser Familie dargestellt. Einfache, aber in ihrer Wirkung doch ergreifende Szenen, die einen zum Nachdenken anregen; wie überhaupt der ganze Film genügend Gesprächsstoff für Diskussionen hergibt.

Dadurch, daß der Film aus einer Aneinanderreihung von einzelnen, kurzen Szenen besteht, kommen niemals Längen auf. Allerdings sind einige Szenen für uns Europäer nur schwer verständlich, da sie z.B. auf japanischen Erzählungen oder Redewendungen basieren, oder ihre Komik auf die Verwendung des - auf Durchschnittsjapaner wohl erheiternd wirkenden - Kansei-Dialektes zurückzuführen ist. Ein schönes Beispiel ist die Anfangsszene, in der die Eltern zuerst den Sohn innerhalb eines riesigen Pfirsichs, der im Fluß treibt, finden und später der Vater die Tochter beim Bambusschneiden innerhalb eines Bambusstammes. Beides Referenzen an in Japan sehr bekannte Erzählungen: Momotaro (Pfirsichjunge) und Kaguya Hime (Mondprinzessin), deren Inhalt man unter den am Ende dieses Artikels angegebenen Links zumindest teilweise nachlesen kann.

Technisch ist die DVD sehr gut gelungen. Das Bild ist gestochen scharf und ruhig, der Ton liegt sowohl als Dolby 5.1 als auch als DTS 5.1 vor und man kann zwischen englischen, französischen und japanischen Untertiteln auswählen. Als besonderes Extra gibt es zu jeder Szene des Films das dazugehörige Storyboard und bei etlichen Szenen auch die zu Grunde liegende Mangaszene, so daß man komfortabel Manga, Storyboard und fertige Szene miteinander vergleichen kann. Ebenfalls auf der DVD befindet sich ein kurzer Film, der zum Testen der Animationsqualität genutzt wurde und der einfach durch das Abfilmen der handgezeichneten Entwurfsskizzen entstand. Mit solchen Filmen wird die Flüssigkeit der Animation getestet, bevor es zu den arbeitsintensiven Schritten wie Cleanup und Coloration geht, die in diesem Fall wohl zum ersten Mal in der Geschichte Ghiblis ausschließlich am Computer stattfanden. Zumindest die Farbgebung entstand vollständig am Computer, da die verwendeten Wasserfarben-Effekte mit herkömmlicher Cel-Technik leider nicht machbar waren. Weitere Extras sind Werbetrailer, Vorschauen auf die kommenden Ghibli DVD-Erscheinungen, sowie als Beilage ein 24seitiger Manga, in dem die Charaktere vorgestellt werden, Witze über das zeitgleiche Erscheinen von Yamada-kun und The Phantom Menace in den Kinos gemacht werden, sowie eine Schlußszene, die den Mangaerfinder dabei zeigt, wie er 150 DVDs von Yamada-kun kauft, obwohl er keinen DVD-Player besitzt.

Fazit: Leider lassen selbst langjährige Animefans sehr schnell einen Anime links liegen, wenn ihnen das Characterdesign nicht zusagt. Ein Schicksal, das schon die auf SuperRTL ausgestrahlte Animeserie Chibi Maruko Chan teilen mußte. Gerade als Animefan sollte man über seinen eigenen Schatten springen und einen Film oder eine Serie zumindest mal anschauen, auch wenn einem das Characterdesign auf den ersten Blick nicht zusagt.

Ich gehe davon aus, daß dieser Film auch auf dem Anime Marathon zu sehen sein wird, und wer die Chance hat, sollte ihn sich dort auch ansehen. Eventuell entwickelt sich die schräge japanische Version von Que sera ja zum heimlichen Karaoke-Hit des AM2001, oder die neue Kampfsportart "Fernbedienungsstrahl mit Zeitung abblocken" wird in einem Workshop vorgestellt…

Michael U.

   

   
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