"Den letzten Movie kann man als krönenden Abschluß der Serie betrachten", so stand es in
der FUNime 16, und für die Anime ist das (bisher?) auch vollkommen richtig. In gedruckter
Form ist MATSUMOTO Izumis Kimagure Orange Road damit jedoch noch längst nicht am Ende.
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Die Manga
Zuerst jedoch ein Blick zurück zu den Anfängen der „KOR-Papierwelt“ und von Kimagure
Orange Road überhaupt - zu den Manga: Die später in 18 Bänden
zusammengefaßten Episoden erschienen von 1984-1988 in Shounen Jump Weekly, die
Geschichte selbst spielt ebenfalls in diesem Zeitraum. Die TV-Serie deckt im Gegensatz
dazu nur ein knappes Jahr ab, wodurch sich natürlich einige Unterschiede ergeben: Die
Grundlage mit dem „Dreieck“ Kyosuke, Madoka und Hikaru ist zwar gleich, den Charakteren bleibt
jedoch mehr Zeit, sich zu entwickeln. Insbesondere von Madoka erfährt man doch etwas
mehr als im Anime. Daneben gibt es einige Personen, die den Sprung ins Fernsehen nicht
geschafft haben. Die wichtigsten sind:
KASUGA Akane: Besitzern der OVAs bereits bekannt ist die Schwester von Kyosukes Cousin
Kazuya. Als Mitglied des Kasuga-Clans besitzt auch sie eine besondere Fähigkeit: Sie kann
das Aussehen einer anderen Person annehmen, allerdings immer nur für einen Betrachter.
Besonders Kyosuke muß unter dieser Begabung leiden, entweder direkt durch unerwartetes
Auftauchen in Gestalt von Madoka oder Hikaru, mehr jedoch noch, wenn sie ihm in seiner
Beziehung zu Hikaru „helfend“ (und ungefragt) zur Seite stehen will. Sie selbst interessiert
sich nicht für Jungen, statt dessen um so mehr für Madoka...
SUGI Hiromi: Hiromi war Kyosukes Klassenkameradin an einer seiner früheren Schulen
und weiß daher über die Psi-Kräfte der Kasugas Bescheid. Kyosuke
befürchtet, sie könnte etwas ausplaudern und damit einen erneuten Umzug
heraufbeschwören.
HIROSE Sayuri: Sie gilt bei vielen ihrer männlichen Mitschüler als das
interessanteste Mädchen an der Schule, und sie nutzt dies konsequent für ihr
Hobby: dem Abblitzenlassen von Jungs. Kyosuke steht als „zu durchschnittlich“ eigentlich
gar nicht auf ihrer Liste, doch die Tatsache, daß er sie in Anwesenheit von Madoka
praktisch ignoriert, läßt ihren Kampfgeist erwachen, wobei sie sich nicht nur
fairer Mittel bedient.
HARADA Shinichi: Neben HINO Yusaku tritt mit ihm ein weiterer Verehrer Hikarus und
damit ein „natürlicher Gegner“ von Kyosuke auf. Im Gegensatz zu Yusaku gibt er Hikaru
sein Interesse an ihr ausdrücklich zu verstehen.
Während der Manga insgesamt also mehr Charaktere kennt, wird man eine „Person“ jedoch
vergeblich suchen: Jingoro, der Kater der Kasugas, ist eine Erfindung des Anime.
Was die einzelnen Geschichten betrifft, so enthält der Manga eine deutlich
größere Anzahl als die TV-Serie, und auch diejenigen, die für das
Fernsehen adaptiert wurden, unterscheiden sich häufig. Oft wird nur der Anfang
oder die Grundidee übernommen, der Rest jedoch mehr oder weniger stark geändert,
so daß auch für Kenner der jeweils anderen Umsetzung keine Langeweile entsteht.
Der Manga wird dabei im allgemeinen als die Basis der „offiziellen“ KOR-Zeitlinie betrachtet,
woraus sich auch die Geburtstage der Hauptpersonen ableiten lassen: Madoka (25.05.) und
Kyosuke (15.11.) sind beide 1969 geboren, während Hikaru (ebenfalls 15.11.) zwei Jahre
jünger ist. Zwei wichtige Details bekommt man auch nur im Manga zu Gesicht, nämlich
einen Hinweis auf die Herkunft des Namens des Cafés ABCB („Abakabu“) und einen
Gastauftritt von Muten-Roshi aus Dragon Ball*!
Bzgl. der Zeichentechnik sollte man sich nicht von den ersten zwei bis drei Bänden
abschrecken lassen, die Qualität bessert sich danach schnell auf ein gutes
durchschnittliches Niveau, wobei den Abbildungen von Madoka teilweise eine besondere
Aufmerksamkeit zugekommen zu sein scheint. Der Inhalt mit seiner gelungenen Mischung aus
Romantik und Comedy läßt kleinere zeichnerische Schwächen sowieso schnell
vergessen.
Die einfachste Möglichkeit, in Deutschland an die KOR-Manga zu gelangen, dürfte die
französische Ausgabe unter dem Namen Les Tribulation de Orange Road (manchmal scherzhaft
als TOR bezeichnet) darstellen. Die 18 Bände sind zum Preis von je 35 Francs bei „J’ai lu“
erschienen, die Übersetzung ist akzeptabel (ohne die Namensänderungen und
Kürzungen der französischen TV-Fassung) und auch mit durchschnittlichen
Schulfranzösisch-Kenntnissen zu verstehen. Wer es lieber möglichst nahe am
Original hat oder seinem Französisch doch nicht so sehr vertraut, kann auf im Internet
erhältliche englischsprachige Fanübersetzungen zurückgreifen.
Die Romane
Ebenfalls in englischer und französischer Übersetzung im Netz zu finden sind die
ersten beiden Shin-KOR-Romane (Shin=Neu) And then, that Summer’s Beginning (1994) und The
Pyramid Murder Mystery (1995), wobei die Verbindung zu den Manga durch eine für Romane
reichliche Bebilderung - allerdings in einem neuen Charakterdesign - hergestellt wird. Das
erste Buch, in Zusammenarbeit von MATSUMOTO Izumi mit dem Zeichner der KOR-Anime, Terada Kenji,
entstanden, bildete die Grundlage des Shin-KOR-Movies und stimmt inhaltlich mit diesem fast
vollständig überein: Kyosuke wird durch einen Unfall drei Jahre in die Zukunft
versetzt; um wieder zurückkehren zu können, muß er sein dummerweise
verschollenes älteres Pendant finden. Dabei trifft er nicht nur Madoka, sondern auch die
inzwischen eigentlich in den USA lebende Hikaru, die dort eine Ausbildung zur
Musical-Darstellerin besucht und die wegen einer Bewerbung für eine Aufführung nach
Japan zurückgekommen ist. Der Roman klärt dabei die übriggebliebenen Fragen
und Probleme zwischen den Hauptpersonen und stellt das Verhältnis untereinander auf eine
neue feste Basis, die so auch in den folgenden Geschichten Bestand haben kann. Außerdem
wird die entscheidende Frage geklärt, seit wann Kyosuke Madoka mit ihrem Vornamen statt
mit „Ayukawa“ anspricht.
Während also der erste Shin-KOR-Band eher einen Abschluß der bisherigen Geschichte
darstellt, begeben sich die Autoren mit dem zweiten auf neues Terrain: The Pyramid Murder
Mystery stellt einen waschechten Kriminalroman dar. Die Story spielt sechs Monate nach den
Ereignissen in der Zukunft von Shin-KOR I, Hikaru ist nach New York zurückgekehrt und
bereitet sich dort auf die Teilnahme an einem Casting für ein Musical vor. Mit Madoka
steht sie über das Internet in Kontakt, als diese plötzlich in einem Message Board
etwas Merkwürdiges findet: Eine Nachricht von Hikaru, die diese mit „Star*“ unterzeichnet
hat. Das Beunruhigende daran ist, daß Hikaru dieses Pseudonym zwar im Privatleben
benutzt, zur Wahrung ihrer Anonymität aus Sicherheitsgründen im Netz aber nur
„Hikaru“ verwendet (wer jetzt der Meinung ist, daß Alias und Realname hier etwas
durcheinandergeraten sind, der steht nicht alleine da - Peter Payne, der Übersetzer der
englischen Fassung, versichert jedoch glaubhaft, daß es so auch im Originaltext
heißt). Für Madoka steht daher fest, daß ihr etwas zugestoßen sein
muß und sie begibt sich mit Kyosuke nach New York, wo sich tatsächlich herausstellt,
daß Hikaru entführt worden ist. Der Versuch, sie zu retten, führt über
einige Zwischenstationen schließlich bis zum „Showdown“ nach Mexiko.
Neben diesen beiden Texten existiert noch ein drittes Shin-KOR-Buch aus dem Jahr 1997, zu dem
es bisher keine Übersetzung gibt. Es enthält zwei Stories, Madoka’s secret Memory
und Angel’s voluptous Smile.
In Madoka’s secret Memory begegnet Madoka dem Geist (?) ihrer ersten Liebe (?), der kurz vor
Kyosukes Ankunft in der Stadt angeblich gestorben ist. Da Kyosuke sie in Gefahr wähnt,
erkundigt er sich bei Hikaru und erfährt von ihr den Zeitpunkt der damaligen Ereignisse,
zu dem er sich in Hikarus Begleitung per Zeitreise begibt. Dort angekommen, trifft er in den
Kampf zwischen in zwei Gangs verwickelte jüngere „Ausgaben“ von Madoka und Hikaru. Man
erfährt hier also zum ersten Mal näheres über Madokas „geheimnisvolle“
Vergangenheit vor Kyosukes Ankunft, über die dieser sich ja schon im Manga bzw. der
TV-Serie des öfteren Gedanken gemacht hat.
Von ganz anderer Art ist Angel’s voluptous smile, obwohl auch hier jüngere Varianten der
beiden Mädchen auftauchen: Beim Versuch Kazuyas, den Geist eines Dämonen in einem
von Kyosukes Freund Hatta gezeichneten Manga zu übernehmen, läuft etwas schief,
und Kazuya landet statt dessen als Kappa-neko (einer Mischung aus einem Wassergeist (Kappa)
und einer Katze (Neko) - MATSUMOTO Izumi taucht als solcher gelegentlich im Manga auf) in der
Mangawelt. Um ihn zurückzuholen, folgt Kyosuke ihm dorthin, wo er u. a. dem Dämon
und seinen Gehilfen, den „Sailor Tenshis“ Sailor Red (Akane), Sailor Pink (Manami) und Sailor
Yellow (Kurumi) sowie den erwähnten jüngeren Ausgaben von Madoka und Hikaru begegnet
und „nebenbei“ mit letzterer verheiratet wird. Daß auch in Hattas Manga gerade diese
„Realwelt“-Personen auftauchen, ist angesichts des Autors wohl nicht weiter verwunderlich...
Zusammen bieten die Shin-KOR-Romane fast für jeden Geschmack etwas: In Nr. 1, der das
alte „KOR-Feeling“ am stärksten herüberbringt, steht die Beziehung zwischen den
Hauptpersonen im Mittelpunkt, während der zweite mehr auf Spannung setzt. Madoka’s secret
Memory beleuchtet einen bisher weniger bekannten Teil, und in der letzten Geschichte dominiert
das Comedy-Element.
Das Neueste
Neben den Romanen hat MATSUMOTO Izumi Kimagure Orange Road auch in Manga-Form nicht ganz
vergessen. So erschien 1996 auf einer „Comic On“-CD-ROM eine neue Episode Panic in Sentou
(Panik im öffentlichen Bad) und im September 1999 widmete eine Spezialausgabe der
Zeitschrift „Oh Super Jump“ einen Beitrag dem KOR-Autor, der hierfür einen farbigen
Zwei-Seiten-Manga namens Honde motte toumei Kasuga! (Kasuga wird unsichtbar!) beisteuerte.
Darin entdeckt Kyosuke seine neue Fähigkeit, unsichtbar werden zu können, die er
natürlich sofort dazu benutzen will, um hinter Madokas letzte Geheimnisse zu kommen.
In der gleichen Ausgabe ist auch ein neues Bild mit dem Titel „Kimagure Orange Road A.D.
1999“ zu finden, das beweist, daß KOR auch nach 15 (bzw. inzwischen 16) Jahren noch lebt!
Thomas
*: Für alle, die nicht selber suchen wollen, hier die Auflösung:
- Master trägt im letzten Band ein T-Shirt mit dem Cover des Genesis-Albums
Invisible Touch - er (bzw. MATSUMOTO Izumi) dürfte also Genesis-Fan sein
und das Café nach dem Album Abacab benannt haben.
- Muten-Roshi ist auf einem Bild in der zweiten Episode von Band 15 inmitten einer
Menge älterer Männer zu sehen.
Danke an Bianca, Felicien und Sönke!
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