Shoujo Kakumei Utena: eine TV-Serie, die viele Fans gefunden hat. Inzwischen ist
in Japan ein Kinofilm erschienen - kann er an die Faszination der Serie anschließen? Eins
ist auf jeden Fall sicher: den Zuschauer erwartet kein gewöhnlicher Film

Adolesence Mokushiroku
(Adolescence of Utena)
Produktionsjahr: 1999
Laufzeit: 88 Minuten
Derzeit keine Veröffentlichung im Westen geplant, erhältlich als Fansub
|
|
Die Ohtori Akademy hat eine neue Schülerin: TENJOU Utena. Es ist ihr erster Tag auf der
ungewöhnlichen Schule und eine andere Schülerin namens SHINOHARA Wakaba begleitet sie auf
einer Führung über das Schulgelände. Utena ist überrascht, als sie hier ihren ehemaligen
Freund KIRYUU Touga wiedertrifft. Da er einen Ring trägt, gratuliert Utena ihm zu seiner
Verlobung. Er erwidert nur geheimnisvoll, daß der Ring ein Bara no Kokuin (Rosensiegel)
ist und ihn auf diese Schule gebracht hat. Kurze Zeit später bemerkt Utena an einem Rosenbusch
eine einzelne weiße Rose. Aus dieser Blüte fällt ihr ein Ring in die Hände, der identisch wie
Tougas Ring aussieht. Plötzlich regnet es vom Himmel Rosenblätter und Utena erblickt hoch
über sich eine Plattform, von der der Blütensturm zu kommen scheint. Neugierig geworden,
ersteigt sie die Treppe zu dieser Plattform und trifft dort auf die Schwester des Schulleiters,
HIMEMIYA Anthy. Später kommt ein weiterer Siegelträger in der Uniform des Schülerrates hinzu.
Er trägt ein Katana-Breitschwert bei sich und stellt sich als KYOUICHI Saionji, der Sieger
der Duelle um Anthy, vor. Weil dieser Anthy schlecht behandelt, kommt es zwischen Utena
und ihm zum Duell. Utena benutzt in Ermangelung einer Waffe einen Besen. Nachdem das
scharfe Katana Utenas Besenstil zerschmettert hat, greift Anthy ein und wirft sich zwischen
die beiden. Als Anthy Utena küßt, verwandelt sie sich in die Bara no Hanayome (Rosenbraut).
Beide werden in ein mystisches Licht getaucht, und aus Anthys Brust ragt plötzlich
ein Schwertgriff hervor. Utena zieht das Schwert aus Anthy heraus und verwandelt sich in
einen Prinzen. Kurz darauf ist der Kampf für Utena entschieden
Doch was für ein Mensch ist Anthy? War da nicht etwas in ihrer Beziehung zu Touga, an das
sie sich nicht mehr richtig erinnern kann? Und was treiben ARISUGAWA Yuri, KAORU Miki und
TAKATSUKI Shiori in der Tiefgarage?
Adolescence of Utena ist nicht direkt eine Fortsetzung der TV-Serie. Die Serie unterteilt
sich bekanntlich in vier Teile: Seitokai Hen (Student Council Saga), Kurobara Hen
(Black Rose Saga), Ohtori Akio Hen und Mokushiroku Hen (Apokalypse Saga). Vom Stil
unterscheiden sich diese Teile sehr voneinander - vor allem der erste Teil enthält noch
wesentlich weniger düstere und mystische Elemente. Der Film entspricht dabei von der Stimmung
her dem Ende der Black Rose Saga oder der Apokalypse Saga. Er spielt in einer Art
Paralleluniversum und man sollte bei Schlüssen aus der Handlung des einen auf den anderen
sehr vorsichtig sein
Die Animationsqualität des Kinofilms liegt erwartungsgemäß weit über der Serie und gehört
auch für sein Produktionsjahr 1999 eher zu den besseren Animefilmen. Für die Begleitmusik
wurden zum Teil bekannte Themen abgewandelt, aber auch neue Stücke komponiert. Wie bei
der Serie zeichnet sich die Musik durch viel Abwechslung und eine perfekte Wiedergabe der
Stimmung der jeweiligen Szene aus. Allein das Spiel aus Bildern, Musik und Stimmung machen
den Anime schon sehenswert.
Man kann den Film nur schwer beschreiben; der Regisseur hat es in einem Interview mal
folgendermaßen formuliert: "Wir überlegten uns bei jeder Szene, was die Zuschauer wohl
als nächstes erwarten würden und gestalteten sie dann völlig anders."
Die ersten 60 Minuten des Films bestehen aus einer mehr oder weniger unkonventionellen
Aneinanderreihung von Handlungselementen, die häufig in einem Zusammenhang zur Serie stehen
könnten. Dabei werden die Zuschauer, die die Serie bereits kennen, durch das geänderte
Charakterdesign, die neuen Verhaltensweisen der Figuren und verwirrende Hinweise auf die
Handlung der Serie durcheinandergebracht. Meiner Meinung nach bezweckten die Macher des
Films vor allem eins: dem Zuschauer klar zu machen, daß sie nicht mit vorgefaßten Meinungen
an den Film herangehen sollen. Die letzten 20 Minuten des Movies fallen dann völlig aus
allen bekannten Konzepten und gehören mit Abstand zu den irrsten Szenen, die ich jemals
gesehen habe.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob man die Serie gesehen haben muß oder ob
Utena-Unkundige den Film nicht verstehen oder genießen können. Ich habe mit mehreren
Zuschauern gesprochen, die die Serie noch nicht kannten, und allen gefiel der Film sehr
gut und sie hatten nicht das Gefühl, daß ihnen etwas entgangen sei. Vielmehr schienen die
Leute, die die Serie kannten, eher die Leidtragenden zu sein, weil die am Anfang völlig
verwirrt waren
Insgesamt kann ich den Film nur empfehlen - er stellt etwas völlig Neues dar und weiß durch
die hohe Zeichenqualität und die gelungene Musik zu gefallen.
Eine kommerzielle Veröffentlichung ist in absehbarer Zeit nicht geplant. Doch findet man
den Film bei vielen Fansubbern und er dürfte wegen seiner Aktualität auch noch auf vielen
Conventions zu sehen sein. Fans von auslegungsfreudigen Serien wie Serial Experiments Lain
oder Neon Genesis Evangelion sollten auf jeden Fall einen Blick auf die Serie und den Film
werfen. Der Film hat dabei den Vorteil, daß man sich nicht erst durch 13 Folgen arbeiten muß,
bis sich der düstere und oft verwirrende Charakter des Werkes zeigt. Faszinierend war auch,
daß mehrere meiner Freunde, die die Serie eigentlich nicht mochten, vom Film begeistert waren
und anschließend auch die ganze Serie sehen wollten. Dabei fühlten sie sich dann in den
späteren Sagen wie zu Hause.
Eine kleine Warnung muß ich aber noch anbringen. Der Film ist offensichtlich für ein etwas
älteres Publikum konzipiert. Er beschäftigt sich auf sehr ungewöhnliche Weise mit dem Tod,
der Liebe und dem Leid. Anders als die Serie arbeitet er weniger mit Andeutungen, sondern
versucht den Zuschauer zu Schocken. Hier paßt auf jeden Fall der alte Satz: Erwarte nichts
und rechne mit allem.
Bernhard
|