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Autor: |
Karsten Schubert |
Bewertung: |
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Einstufung: |
ab 12 Jahre |
besprochenes Material: |
Kinofilm |
Firma: |
Tokuma |
Hier haben wir es mit einem Meisterwerk von Japans bekanntestem
Zeichentrickregisseur Hayao Miyazaki zu tun. Und dieser Film gilt
zu Recht als einer der besten Zeichentrickfilme aller Zeiten.
Vor 1000 Jahren brach die Zivilisation zusammen. Aus den verdreckten
Ozeanen stiegen Giftwolken auf und giftige Pilzwälder breiteten sich
auf der ganzen Welt aus. Die überlebenden Menschen kämpfen in
einigen wenigen geschützten Städten ums Überleben. Wenn sie
die Wälder betreten wollen, müssen sie Gasmasken tragen.
Dafür haben sich in den Pilzwäldern riesige Insektenarten
ausgebreitet, wobei vor allem eine bestimmte Spezies Intelligenz entwickelt hat
und die Wälder schützt, die Ohmus.
In dieser Welt lebt Nausicaä, die Prinzessin aus dem Tal der Winde.
Durch ihre freundliche Art ist sie im gesamten Tal beliebt. Am Anfang
des Films hat sie sich mal wieder mit ihrer Möwe, einer Art
Flugdrachen mit Düsenantrieb, den sie perfekt beherrscht,
auf den Weg in den Wald gemacht, wo sie auf die abgeworfene Schale
eines Ohmus stößt. Kurze Zeit später hört sie jedoch das Knallen
einer Insektenbüchse. Sie entdeckt einen Reiter, der von einem
wütenden Ohmu verfolgt wird und greift mit ihrem Flugdrachen ein.
Da jedoch gutes Zureden auf den Ohmu keine Wirkung hat, während
seine Augen vor Zorn glühen, hilft sie etwas nach. Mit gezielt abgeworfenen
kleinen Bomben schockt sie das Tier, und als es sich wieder rührt,
reagiert es auf die beruhigenden Töne ihrer Insektenpfeife und
kehrt zurück in den Wald. Der Reiter stellt sich als Lord Yupa
heraus, der Nausicaäs Lehrer war und den sie seit über einem Jahr
nicht mehr gesehen hat. Doch die Freude im Dorf über Lord Yupas
Rückkehr ist nicht von langer Dauer, denn schon in der Nacht
beobachten sie ein riesiges Frachtflugzeug aus dem Nachbarland Pejite, das
trotz Nausicaäs Versuchen es zu leiten abstürzt. Als sie ein junges
Mädchen aus dem brennenden Wrack zieht, hat dieses nur den einen
Wunsch, daß Nausicaä das Gepäck verbrennt. Als Nausicaä
versichert, daß alles verbrannt ist, schließt das Mädchen
zufrieden die Augen und stirbt. Als am nächsten Tag die
Bevölkerung die Pilzsporen verbrennt, die durch das Flugzeug in
das Tal kamen, landen weitere Flugzeuge. Doch diese Flugzeuge haben
Panzer und Soldaten an Bord, die das friedliche Tal angreifen und
Nausicaäs Vater töten.
Erst Lord Yupas Eingreifen kann weiteres Blutvergießen verhindern,
da sich das Tal bedingungslos ergibt. Die Eroberer wollen
eigentlich gar nichts von dem Dorf, sondern sie wollen mit
einer alten Waffe, die sich an Bord des Wracks befindet, die
sich immer weiter ausbreitenden Giftwälder verbrennen.
Die Warnung, dass die Ohmus die Wälder schützen werden,
ignorieren sie. Als Lord Yupa Nausicaä besuchen will, die am
nächsten Tag als Geisel in das ebenfalls eroberte Pejite
geflogen werden soll, erlebt er eine Überraschung.
Nausicaä hat in einem geheimen Raum Pflanzen aus den Giftwäldern
gezüchtet. Trotzdem kann man die Luft atmen. Nausicaä hat
entdeckt, dass nicht die Pflanzen das Gift erzeugen. Sie erhalten
es aus Boden und Wasser und geben es an die Umgebung ab. Nausicaä
weiß daher, dass der Plan der Fremden Unsinn ist, da durch
das Verbrennen der Pflanzen der verseuchte Boden auch nicht
sauberer wird. Als sie am nächsten Tag nach Pejite fliegen, werden
sie von einem Jäger von Pejite abgeschossen. Nausicaä kann sich
und die anderen Geiseln aus dem Tal retten und erfährt in ihren
weiteren Abenteuern auch noch, daß die Pflanzen nicht nur kein Gift
erzeugen, sondern im Gegenteil den giftigen Boden sogar reinigen.
Doch nicht nur von der reinen Dummheit der Eroberer droht Gefahr
für das Tal.
Die alte Bevölkerung von Pejite will die Armee der Eroberer mit einem
üblen Plan zerstören. Sie schleppen ein verletztes Ohmujunges
durch die Luft zum Tal des Windes, damit die Ohmus das Tal
angreifen. Wird es Nausicaä gelingen, ihr Tal vor der Zerstörung
zu retten und wird sie endlich den Menschen klar machen können,
daß die Wälder nicht die Feinde sind, sondern Freunde und Helfer?
Die Zeichnungen und Animationen können natürlich nicht mehr ganz
mit heutigen Produktionen mithalten, dafür ist dieser
Film aus dem Jahr 1984 einfach zu alt, doch sie sind geradezu
erschreckend gut. Sogar damals nur sehr teuer zu realisierende
Zoomeffekte wurden mehrfach verwendet und die ganzen Flugsequenzen
sind wirklich atemberaubend. Auch der Soundtrack, der größtenteils
instrumental ist, läßt sich nur als hervorragend beschreiben.
Und dazu kommt noch eine wirklich durchdachte, lupenreine Story,
durch die der ganze zwei Stunden lange Film den Zuschauer bannt.
Obwohl meine Handlungsbeschreibung nicht gerade kurz ist, habe ich
einen großen Teil des Films nur sehr oberflächlich beschrieben und
manche Dinge kann man mit Worten nicht erläutern (und das, obwohl
der Film nur einen Teil von Miyazakis Manga wiedergibt).
Im Gegensatz zu Disney-Produktionen gibt es hier keine
wirklich böse Seite. Was manchmal etwas Kritik verursacht hat,
war die Tatsache, daß es trotz allem ein Happy End gibt. Doch
trägt gerade die dafür entscheidende Szene sehr stark zum
sagenhaften Charakter dieses Films bei. Zudem hätte sonst eine
andere Szene vom Anfang des Films gar nicht den Sinn ergeben, den sie
hier erhält. Hier haben wir es mit einem Film zu tun, auf den die
Bezeichnung Familienunterhaltung wesentlich besser paßt als bei
vielen Disney-Produktionen. Ein wahres Meisterwerk, das sich an die
absolute Spitze meiner persönlichen Favoriten gesetzt hat, und
das bezieht sich nicht etwa nur auf Anime oder Zeichentrickfilme
im allgemeinen!
Doch nun kommen wir zu dem großen Problem, das bei diesen Film
existiert: Es gibt ihn in Deutschland einfach nicht (dieser Review
basiert auf der japanischen Originalversion). Es gab mal 1986 eine
vollkommen verstümmelte Fassung („Wen interessiert schon
diese Sache mit den Bäumen? Schneiden wir doch einfach 23
Minuten weg!“), die sogar ein Gerichtsverfahren nach sich zog,
doch ansonsten gibt es bislang nur die original japanische
Fassung und einige Fansubs. Da gibt es allerdings einen kleinen
(!) Hoffnungsschimmer am Horizont: Disney hat die internationalen
Vertriebsrechte für mehrere Miyazaki-Filme erhalten, zu denen neben
dem japanischen Kinohit Mononoke Hime
auch Nausicaä gehört. Leider gibt da aber ein Problem: Es
existieren bereits Veröffentlichungstermine für die USA, Frankreich,
Großbritannien, Spanien und einige andere Länder (in den USA soll
sogar eine untertitelte Fassung auf dem Markt kommen), doch ausgerechnet
Deutschland ist bisher nicht genannt. Nun kann man nur noch hoffen,
daß die im Paket enthaltenen Filme auch noch über eines der ganzen
Disney-Sublabels auf den deutschen Markt kommen. Schon allein Nausicaä
hat es sich redlich verdient, denn den Disney-Film will ich sehen, der es
hiermit auch nur annähernd aufnehmen kann!
Nachtrag: Es gibt inzwischen in Deutschland doch noch eine DVD-Fassung des Films, aus der Reihe „Studio Ghibli DVD Collection“. Es handelt sich dabei um eine Doppel-DVD mit deutscher DD 5.1, englischer und japanischer DD 2.0 Tonspur und deutschen Untertiteln. Auf der zweiten DVD sind Kinotrailer, Storyboard (kompletter Film) und eine Doku zum Studio Ghibli.
Daten
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Originaltitel: |
Kaze no Tani no Nausicaä |
Regie: |
Hayao Miyazaki |
Drehbuch: |
Hayao Miyazaki |
Character Design: |
Hayao Miyazaki |
Musik: |
Jo Hisaishi |
Vorlage: |
Manga von Hayao Miyazaki |
Produktionsjahr: |
1984 |
Genre: |
Science-fiction / Fantasy |
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